7. Internationale Foto-Triennale Esslingen

Bereits seit 1989 widmen sich die Galerien der Stadt Esslingen am Neckar mit der Reihe der Internationalen Foto-Triennale intensiv und systematisch in jeweils thematisch angelegten Ausstellungen der Gegenwartsfotografie. In ihrer 7. Ausgabe untersucht die Foto-Triennale Fragen von Identität, Konstruktion von Identität und Heimat.

Im Zeitalter der Globalisierung ist alles im Fluss: Menschen, Waren und Geldmittel zirkulieren schier grenzenlos. Dieser Dynamisierung des Lebens und Weitung des Maßstabs steht ein ungebrochenes Bedürfnis nach Zugehörigkeit gegenüber. Bei Fragen danach, wie diese herzustellen sei, kommt auch der Begriff der Heimat aufs Tapet, in hinterfragender, nicht in romantisierender oder verklärender Weise.

Lange galt, dass das "Wo man herkomme" eine Identität stiftende Zugehörigkeit verspreche. Der Zufall, hier oder am anderen Ende der Welt geboren zu sein, war für das »Wie« individueller Biografien weitestgehend entscheidend. Das Gefühl einer Deckung von Person und ihren eigenen Vorstellungen, das Erleben einer Kontinuität des Ich, die Konstitution von Identität war durchaus geknüpft an eine Vorstellung von Heimat, an geographische, geistige, kulturgeschichtliche oder religiöse Zugehörigkeit und an Prägungen eher lokalen Zuschnitts.

In seiner Geschichte oszilliert der Begriff von Heimat. Er bildet verschiedene Bedeutungen aus, kann Synonym sein für Vaterland, meint aber auch das Land, den Landstrich, in dem man geboren ist, oder wo man sich auf Dauer aufhält, er kann in einer seiner Facetten das elterliche Haus bezeichnen, Besitztum – "das neue heimath kostet ihn wohl 10,000 gulden ..." Der Begriff kann auch eine Spur von Urgrund oder innerem Zusammenhang annehmen: In Bayern nannte man zweckloses, unbegründetes Geschwätz "ein schmaz, der keine heimat hat." (Grimm, Deutsches Wörterbuch, IV/II, 1877) Andererseits gilt Nordsibirien als Heimat der dickbäuchigen Ringelgans, die winters bisweilen im Wattenmeer der Nordsee anzutreffen ist.

Heute erfinden sich viele Millionen Menschen im "Second Life" immer wieder neu und schlüpfen von einer Identität in eine nächste und so fort. Sie verabschieden sich aus dem Hier und Jetzt und konstruieren in einer Parallelwelt neue Existenzen. Allerdings bezieht sich keine der in der 7. Internationalen Foto-Triennale gezeigten Positionen unmittelbar auf die skizzierten Optionen des "Second Life". Wohl aber beschäftigen sich, um es summarisch zu nennen, manche überaus konkret mit fiktiven Identitäten, mit Oberflächen und Masken, die Tarnung, den Charakterwechsel und Mehrfachidentitäten erlauben. Andere spüren Indizien nach, die auf Individuen Hinweis geben, oder sie rücken deren potentielle oder unmittelbare Lebenswelt in den Fokus und damit auch Fragen danach, wie intensiv etwa der Herkunftsort und seine Gegend prägen.

Andere Künstler erfinden ganze Biografien. In sehr unterschiedlichen Weisen werden Stereotypen untersucht, etwa die Gesten von Politprominenz oder in der Mischung von Downtown Performance. Sexualität kann Thema sein, daneben auch die Hybridisierung von herausragenden Merkmalen unterschiedlicher Kulturkreise. Etwa dadurch, dass Protagonisten zu gleicher Zeit mehreren solcher verschiedenen kulturellen Räume zuzuordnen sind. Genannte Beispiele internationaler Fotografie werden ergänzt durch zwei Länderschwerpunkte, die künstlerische Positionen aus Mexiko und Südafrika zusammenfassen. Sie reflektieren unter anderem die prägenden Auswirkungen der mexikanischen Revolution auf Gesellschaft und Kultur und befragen den "Mexicanidad" genannten Prozess der Selbstfindung.

Auch in Südafrika ist der Identitätsbegriff eng mit der politischen Emanzipationsbewegung verbunden. Mehr als zehn Jahre nach Beendigung des Apartheid-Regimes in der vorgeblichen Rainbow Nation ist das Land nach wie vor zerrissen, das Wiedergewinnen kultureller Identitäten immer noch nicht abgeschlossen. Beide Regionen dieser Welt erleben einen tief greifenden politischen und gesellschaftlichen Wandel und teilen eine wechselvolle Geschichte voller Unterdrückung und Fremdbestimmung.

Die 7. Internationale Foto-Triennale Esslingen 2007 bespielt Räume in der Villa Merkel, im Bahnwärterhaus die Galerien der Stadt Esslingen am Neckar, das Gärtnerhaus im Merkelpark und die Schickhardt-Halle im Alten Rathaus Esslingen.


Katalog: Anlässlich der Foto-Triennale erscheint im Verlag für moderne Kunst Nürnberg ein umfangreicher Katalog (ca. 232 Seiten, dt./engl., vierfarbig). Herausgeber Andreas Baur für die Villa Merkel, Galerien der Stadt Esslingen am Neckar Text Andreas Baur/Bettina Besler, Hermann Bausinger, Tatiana Cuevas, Peter Gross. Deutsch/English, ca. 224 Seiten, ca. 140 Abb. Paperback, 22 x 28 cm, Euro 30,00. ISBN 978-3-939738-58-9

7. Internationale Foto Foto-Triennale Esslingen
1. Juli bis 23. September 2007

Villa Merkel
Pulverwiesen 25
D 73728 Esslingen
T 0049 (0)711 3512-2640
F 0049 (0)711 3512-2903
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Öffnungszeiten:
Dienstag 11 – 20 Uhr
Mi bis So 11 – 18 Uhr