66. Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg – Eine Vorschau

Mit rund 40 Filmen lädt das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg (9.11. – 19.11. 2017) auch heuer wieder zu einer filmischen Weltreise ein. Keine Großproduktionen werden gezeigt, aber zahlreiche Werke von Newcomern, auf die man gespannt sein darf.

Als Sprungbrett für große Karrieren sieht sich das Filmfestival Mannheim-Heidelberg. Hier machten beispielsweise Mike Leigh, Jim Jarmusch, Lars von Trier, Krzysztof Kieślowski oder Atom Egoyan international auf sich aufmerksam, noch ehe sie zu gefeierten Stars des Autorenkinos aufstiegen. Treu geblieben ist man sich dieser Tradition, bietet auch weiterhin konsequent eine Plattform für Newcomer.

Eröffnet wird die heurige Ausgabe mit Olivier Peyons "Une vie ailleurs". Einfühlsam und differenziert erzählt der Franzose darin von einer Mutter, die ihr Kind aus Uruguay, wo es bei der Familie des Vaters über Jahre lebte, nach Frankreich zurückholen will. Auf einfache Lösungen verzichtet Peyon, macht sowohl eindringlich die Liebe der Mutter als auch die Zerrissenheit des Jungen erfahrbar, dem seine Tante längst zu einer zweiten Mutter und Uruguay zu einer Heimat geworden ist.

Im Wettbewerb International Newcomer konkurrieren heuer 15 Filme. Der Bogen spannt sich von "El Pampero", in dem Matías Lucchesi von einer Bootsfahrt auf dem Paraná erzählt, die zu einer Reise zu sich selbst wird, bis zu "While We Live", in dem der in Dänemark lebende Iraner Mehdi Avaz einen Mann nach Jahren der Abwesenheit in die Familie, die ihn einst verstoßen hat, zurückkehren lässt.

Auf der Höhe der Zeit ist Peter Otts "Das Milan Projekt", in dessen Zentrum eine deutsche Ärztin steht, die im Irak von Islamisten gekidnappt wird. Alejandro Andújar blickt dagegen in seinem Debüt "The Watchman" auf die Abhängigkeiten und Machtverhältnisse zwischen den Reichen und den Dienstboten in einem Urlaubsparadies in der Dominikanischen Republik. Einblick in die Lebenswirklichkeit in Nordostindien bietet wiederum Sanjib Dey in seinen in drei Episoden gegliederten "III Smoking Barrels".

Fast dokumentarisch erzählt Vito Palmieri in "See You in Texas" von einem jungen Paar, das Hin- und Hergerissen ist zwischen Bindung an die Heimat, die nur wenig Chancen bietet, und der Sehnsucht nach den USA.

Aber auch Komödien fehlen im Programm nicht. Als solche legt das estnische Regie-Duo Katrin und Andres Maimik "The Man Who Looks Like Me" an, in dessen Mittelpunkt ein Musikkritiker in einer Lebenskrise steht. Und der Israeli Shady Srour erzählt in "Holy Air" von einem arabisch-christlichen Scharlatan, der in Nazareth mit dem Verkauf von "Heiliger Luft" das große Geschäft machen will.

Zu einem filmischen Ritt durch Zeit und Raum wiederum lädt der Kanadier Patrick Demers in "Origami" ein, während der Kasache Sabit Kurmanbekov in "Returnee" ins Kasachstan der 1930er Jahre entführt.

Vielfältig präsentiert sich auch die Sektion "International Newcomer – Entdeckungen", in der rund ein Dutzend Filme präsentiert werden. Die Bandbreite reicht hier von Juanita Wilsons "Tomato Red", in dem ein junger Herumtreiber in einer Provinzstadt auf ein rothaariges Mädchen trifft, über Pat Collins Biopic über den irischen Folk-Sänger Joe Heaney "Song of Granite", die irische Oscar-Einreichung für 2018, bis zu "Have You Seen My Movie?", für den Paul Anton Smith Szenen aus über 1000 Filmen, in denen das Kino, der Saal und der Projektionsraum eine Rolle spielen, zusammengesucht hat.

Bekanntere Namen finden sich nur in der Sektion "International Independent Cinema". Barbara Albert präsentiert hier ihren Historienfilm "Licht" ebenso wie Tony Gatlif das von der griechischen Dissidentenmusik Rembetiko angetriebene Musical "Djam". Mit Rafi Pitts "Soy Nero", der schon 2016 auf der Berlinale lief und „Personal Shopper von Olivier Assayas, der vor zwei Jahren in Mannheim-Heidelberg mit dem Master of Cinema Award ausgezeichnet wurde, finden sich hier auch zwei nicht mehr ganz neue Filme.

Dieses Jahr wird der Master of Cinema Award dem Ungarn István Szabó verliehen. Aus diesem Anlass werden auch Szabós Oscar-Erfolg "Mephisto", "Being Julia" und "Hinter der Tür" gezeigt, während der Schweizer Filmemacher Clemens Klopfenstein, um den es in den letzten Jahren still geworden ist, mit der Aufführung der restaurierten Fassung von "Geschichte der Nacht" geehrt wird.

Mit mehreren Filmen, unter anderem Jan Speckenbachs in Locarno uraufgeführtem "Freiheit", Volker Schlöndorffs "Der namenlose Tag" oder Frieder Schlaichs "Naomis Reise" wird auch ein kleiner Einblick ins aktuelle deutsche Filmschaffen geboten, aber auch für junge Filmfans wird mit einem neun Filme umfassenden Kinderfilmfest wie in den letzten Jahren ein vielfältiges Programm geboten.