65. Berlinale: Goldener Bär für Jafar Panahis "Taxi"

Nach einem starken und ausgeglichenen Wettbewerb, in dem der herausragende Film fehlte, traf die von Darren Aronofsky geleitete Jury durchwegs überzeugende Entscheidung. Der Goldene Bär für den mit Berufsverbot belegten Iraner Jafar Panahi, der zudem mit dem Preis der Filmjournalisten (Fipresci) ausgezeichnet wurde, ist dabei auch ein politisches Statement zu lesen.

Vor allem in der Zeit des Kalten Kriegs galt die Berlinale als politisches Festival, als Drehscheibe zwischen Ost und West. Auch heute noch versucht man an der Spree sich von Cannes, das Glamour groß schreibt, und Venedig, das sich als Hort des internationalen Autorenfilms sieht, durch einen stärkeren politischen und gesellschaftskritischen Akzent abzuheben.

Jafar Panahi gewann schon 2006 mit "Offside" in Berlin einen Silbernen Bären, sollte 2010 als Ehrengast an einer Diskussion über das iranische Kino teilnehmen, erhielt aber keine Ausreiseerlaubnis. 2011 wurde er in die Jury der Berlinale eingeladen, doch sein Stuhl blieb leer, denn im Dezember 2010 war er zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot verurteilt worden.

Trotz dieser Beschränkungen gelang es Panahi in den letzten vier Jahren drei Filme zu drehen. Nachdem "Dies ist kein Film" in Cannes präsentiert worden war, lief "Pardé" vor zwei Jahren im Wettbewerb der Berlinale. Zeigte dieser Film einen verzweifelten Regisseur, der auch in seinem Haus ständig Überwachung fürchtet, so begeistert der nun preisgekrönte "Taxi" gerade durch eine Leichtigkeit und Witz, die ihm auch den Weg zu den internationalen Kinos öffnen werden.

Völlig in Ordnung gehen auch die Darstellerpreise für Tom Courtenay und Charlotte Rampling als altes Ehepaar in Andrew Haighs "45 Years". Eine Überraschung wäre es wohl auch gewesen, wenn der norwegische Kameramann Sturla Brandth Grøvlen für seine 140-minütige ungeschnittene Kamerafahrt von "Victoria" nicht ausgezeichnet worden wäre. Grøvlen erhielt ex aequo mit Evgeniy Privin und Sergey Mikhalchuk, die für ihre Arbeit in "Under Electric Clouds" einen Silbernen Bär für eine herausragende künstlerische Leistung.

Geteilt wurde auch der Silberne Bär für die Beste Regie, der einerseits an Małgorzata Szumowska für "Body", anderseits an den Rumänen Radu Jude für "Aferim!" geht. Jude erzählt in seinem 1835 spielenden, in Schwarzweiß gedrehten Balkan-Western von einem Offizier, der mit seinem Sohn einen geflohenen Roma aufspüren und zurückbringen muss. Auf ihrer Reise stößt das Duo in diesem bestechend fotografierten, aber sehr geradlinig erzählten Film dabei überall auf Vorurteile und Rassismus.

Die mehrfache Teilung von Preisen zeigt einerseits, dass es die Jury fast allen recht machen und niemand übersehen wollte, entwertet andererseits aber die Preise auch.

Erfreulich ist auf jeden Fall, dass auch der erste Film aus Guatemala im Wettbewerb der Berlinale ausgezeichnet wurde. Dass "Ixcanul" allerdings den "Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven eröffnet" ist nicht ganz einsichtig, denn Jayro Bustamente blickt zwar auf eine fremde indigene Kultur, öffnet aber kaum neue filmsprachliche Perspektiven.

Chile wurde mit zwei Preisen bedacht. Während das weitgehend ins Halbdunkel getauchte Kammerspiel "El Club", in dem Pablo Larrain scharf Kritik an Missständen in der Katholischen Kirche und deren Heuchelei übt, mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde, erhielt Patricio Guzmán für seinen Dokumentarfilm "Der Perlmuttknopf" verdientermaßen den Preis fürs Beste Drehbuch. Zudem wurde "Der Perlmuttknopf" von der Ökumenischen Jury ausgezeichnet.

Und trotz so vieler Gewinner muss es auch Verlierer geben. Überraschend ist hier vor allem, dass Peter Greenaway und sein "Eisenstein in Guanajuato" ganz leer ausging auch Terrence Malicks kontrovers aufgenommenem "Knight of Cups" hätte man bei einem Jurypräsidenten Darren Aronofsky Chancen zugerechnet.