64. Berlinale: Schillers Liebe und Nazi-Kunstraub

Geschichtliche Themen bestimmten den dritten Berlinale-Tag. Mit Spannung wurde George Clooneys Film über die Rettung zahlreicher von Nazis geraubter Kunstwerke erwartet, doch "The Monuments Men" erntete mehr Buh-Rufe als Applaus. Wirklich begeistern konnte auch Dominik Grafs "Die geliebten Schwestern" nicht, bietet aber immerhin solides und rund erzähltes Ausstattungskino.

Durch den Fall Gurlitt hat ein Film über Nazi-Raubkunst zwar an Aktualität gewonnen, die Erwartungen kann George Clooney mit dem – wie Wes Andersons Eröffnungsfilm "The Grand Budapest Hotel" – großteils in Deutschland gedrehten "The Monuments Men" aber nicht erfüllen. Auf Tatsachen beruht die Geschichte einer Gruppe von alliierten Kunstexperten, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs in Deutschland nach geraubten Kunstwerken suchen sollten. Die Zeit drängte, denn im Falle einer Niederlage Nazi-Deutschlands sollten diese Kunstwerke, deren Gesamtzahl sich auf über fünf Millionen belief, vernichtet werden.

George Clooney, der mit "Good Night and Good Luck" oder "The Ides of March" seine Fähigkeiten als Regisseur schon eindrücklich unter Beweis stellte, hat sich mit diesem Stoff leider völlig übernommen. Einerseits will er durchaus ernsthaft auf die Bedeutung der Rettung von Kunstwerken und dem Wert von Kunst hinweisen, andererseits will er aber auch unterhalten, kann sich dabei aber nicht auf ein Genre festlegen.

Während nämlich im Hintergrund der Zweite Weltkrieg tobt, sollen die "Kunstschutzoffiziere", die im Stil von "Das dreckige Dutzend" oder "Ocean´s Eleven" im Schnellverfahren rekrutiert werden, allein schon wegen ihres Alters für Lacher sorgen.

Holprig wechselt "The Monuments Men" aber nicht nur zwischen Gags, die angesichts des Ernsts der Realität nicht zünden, und dramatischen Szenen, sondern glaubt auch auf eine romantische Szene mit Cate Blanchett nicht verzichten zu können.

Weil sich die Wege der sieben Experten bei ihrer Suche teilen, fehlt aber auch eine zwingende Dramaturgie. Hilflos springt Clooney zwischen den Schauplätzen hin und her. In dieser Kurzatmigkeit und der Fokussierung auf der äußeren Handlung gewinnen aber auch die mit Stars wie Matt Damon, John Goodman und Bill Murray besetzten Kunstjäger nie Profil, sodass "The Monuments Men" auch als Buddie-Movie, als der er sichtlich auch angelegt ist, nicht funktionieren will.

Statt sich auf wenig zu konzentrieren, versucht Clooney alles hineinzupacken, weist nebenbei auf die Judenvernichtung hin, übt Kritik an den Politikern und Militärs, die sich zwar für Goldbarren, aber nicht für Kunst interessieren, lässt ein paar Muster-Nazis auftreten und am Ende mit dem Vormarsch der Russen auch noch den Kalten Krieg anbrechen - und scheitert so auf nahezu allen Ebenen.

Im Gegensatz zum großen Ansatz Clooneys steckt Dominik Graf in "Die geliebten Schwestern", in dem von der Liebe zwischen Friedrich Schiller und den Schwestern Caroline und Charlotte von Lengefeld erzählt wird, die Handlung viel enger ab. Steht zunächst wie bei Jane Austen die Frage im Mittelpunkt, ob die aus verarmtem thüringischen Adel stammende Charlotte sich um eine gute Partie bemühen oder auf ihr Herz hören soll, rückt in der Folge eine Méenage à trois in den Mittelpunkt, in der es lange keine Eifersucht gibt, bis doch heftiger Streit ausbricht.

An die Stelle der lichtdurchfluteten Naturbilder, in denen dieses Liebesglück erfahrbar wird, treten gegen Ende hin folglich auch enge und niedrige Kammern, die das Scheitern des freien und reinen Glück vermitteln. Auf Modernismen und ironische Brechungen verzichtet Graf fast völlig, erzählt 170 Minuten lang rund und in getragenem Rhythmus, mit einem überlegt eingesetzten teils das Geschehen kommentierenden, teils ergänzenden allwissenden Off-Erzähler.

Die politische Position Schillers, der aus Württemberg verbannt wurde, spart "Die geliebten Schwestern" weitgehend aus, bietet aber auch Einblick in die Weiterentwicklung des Buchdrucks und lässt im Hintergrund den Umbruch durch die Französische Revolution, deren Schrecken er schon beim Ausbruch mit einem Bild der Guillotine und blutroten Straßen andeutet, hineinspielen. So sorgfältig, allerdings auch konventionell dies aber auch gemacht ist, so bleibt doch die Frage nach der Relevanz und Aktualität dieses Stoffes offen.