62. Berlinale: Müdes Historiendrama zum Auftakt

Stars in Hülle und Fülle haben bei der heurigen Berlinale ihr Kommen zugesagt. Aber Stars allein garantieren leider noch keinen großen Film. Benôit Jacquots Revolutionsdrama "Les adieux à la reine", das die Bärenjagd an der Spree eröffnete, ist ein Beispiel dafür.

Ganz so kalt wie in der Bodenseeregion ist es in Berlin zwar nicht, warm wird einem bei Benôit Jacquots Verfilmung von Chantal Thomas´ Roman "Les adieux à la reine" aber dennoch nicht.

Zahlreiche Filme über die Französische Revolution gibt es zwar schon, ein origineller Ansatz ist es aber immerhin aus der Perspektive einer Bediensteten am französischen Hof in Versailles zu erzählen. So folgt Jacquot auf Schritt und Tritt Sidonie Laborde (Lea Seydoux), die Vorleserin von Königin Marie Antoinette ist und glaubt, dass ihre Sympathie von ihrer Herrin erwidert wird. Mal hetzt eine agile Handkamera hektisch hinter der Dienerin her, zumeist aber sind die Einstellungen doch ruhig – zu ruhig einfach, denn trotz der dramatischen Ereignisse in Paris, will der Film nicht Fahrt aufnehmen.

Das kann man allerdings aber auch durchaus als passend ansehen, denn während in der Stadt sich der Umbruch anbahnt, die Bastille gestürmt wird, tut sich in Versailles nicht wirklich viel, verbreitet sich erst langsam und heimlich die Nachricht vom Aufbegehren der Bürger, dann eine Liste mit Angehörigen der Hofgesellschaft, die hingerichtet werden sollen. Fluchtgedanken werden geschmiedet, dann wieder verworfen, der König will das Rathaus in Paris aufsuchen.

Ganz auf wenige Tage um den 14. Juli 1789 und die Ereignisse in Versailles beschränkt sich Jacquot, verdichtet aber kaum ein Moment, sondern ermüdet durch den behäbigem Erzählrhythmus zunehmend. Im Klassizismus und Verzicht auf alle modernistischen Mätzchen ist "Les adieux à la reine" zwar sichtlich als Gegenstück zu Sofia Coppolas "Marie Antoinette" angelegt, lässt aber auch jeden persönlichen Ansatz und persönliches Interesse vermissen. Dünn gesät bleiben auch ironische Momente, Parallelen zu aktuellen Ereignissen wie dem "Arabischen Frühling" scheinen zwar intendiert und kann man auch durchaus ziehen, doch bleiben diese im Vagen und Beliebigen.

Das Ambiente bietet dem Franzosen zwar die Möglichkeit in erlesenen Bildern prachtvolle Roben und glanzvoll ausgestattete Räume ebenso wie seine weiblichen Stars Virginie Ledoyen, Diane Kruger und Lea Seydoux vorzuführen, doch über eine detailreiche, aber auch sehr dialoglastige Schilderung des Verhaltens der Hofgesellschaft angesichts des hereinbrechenden Endes ihrer Herrschaft kommt dieses Revolutionsdrama nicht hinaus. – Da bleibt nur zu hoffen, dass die kommenden Tage Aufregenderes bringen werden.