45. Solothurner Filmtage: Volle Säle, Preise und die Favoriten für den "Quartz 2010"

Mit der Verleihung des Prix de Soleure an "Nel giardino dei suoni" und des Prix du Public an "Bödälä – Dance the Rhythm" gingen die 45. Solothurner Filmtage zu Ende. Bezahlt gemacht hat sich die Veranstaltungsumstellung von Donnerstag auf Donnerstag, konnte doch durch die stärkere Einbeziehung des Wochenendes mit 51.000 Eintritten eine Steigerung um zehn Prozent erzielt werden. Bekannt gegeben wurden im Rahmen der Filmtage auch die Nominierungen für den Schweizer Filmpreis.

Dass die Solothurner Filmtage ein Zuschauermagnet sind, ist nicht zu übersehen. Ausverkaufte Vorstellungen, speziell am Wochenende, waren keine Seltenheit – und das, obwohl die Reithalle mit rund 900 Plätzen nicht gerade als klein zu bezeichnen ist. Keine Eintrittskarte war so zu dem jetzt mit dem Prix du Public ausgezeichneten Dokumentarfilm "Bödälä – Dance the Rhythm" zu bekommen, in dem Gitta Gsell Schweizer Volkstänze mit amerikanischem Stepptanz, Flamenco und Irish Dance in Verbindung bringt. Und Nico Bellucis "Nel giardino dei suoni", eine laut Filmtage-Katalog "poetische Entdeckungsreise in die Grenzgebiete der Kommunikation" anhand des Porträts des blinden Musiktherapeuten Wolfgang Fasser, konnte man aufgrund der Programmierung an Randtagen leicht verpassen.

Das Schweizer Thema und die Musikalität dürften mitgespielt haben, dass sich "Bödälä – Dance the Rhythm" gegen einen so starken Film wie "Coeur animal" durchsetzen konnte und beim Rennen um den Prix de Soleure hat "Nel giardino dei suoni" der Heimvorteil gegenüber dem sperrigen österreichischen "Lourdes" sicherlich nicht geschadet. Von Vorteil könnte es auch gewesen sein, dass Bellucis Film brandneu ist, während Werke wie "Breath Made Visible" oder "Die Frau mit den fünf Elefanten" schon auf anderen Festivals liefen.

Insgesamt zeigten die Filmtage wie schon letztes Jahr, dass im deutschschweizer Spielfilm eine Tendenz zum mainstreamtauglichen Unterhaltungsfilm dominiert, während die sperrigeren und künstlerisch aufregenderen Spielfilme wie Séverine Cornamusaz´ „Coeur animal“ derzeit in der Westschweiz entstehen.

Konsensfähiges und für das breite Publikum Attraktives dominiert auch bei den Nominierungen für den Schweizer Filmpreis "Quartz 2010", der am 6. März im Rahmen einer Gala im KKL Luzern verliehen wird. Christoph Schaubs Komödie übers Alter "Giulias Verschwinden" führt hier mit fünf Nominierungen (Film, Drehbuch, Hauptdarsteller, Musik) die Reihung an, während beispielsweise "Coeur animal" nur in den Kategorien "Bester Film" und "Bester Hauptdarsteller" berücksichtigt wurde.

Dass radikale Autorenfilme in der Schweiz momentan Mangelware sind zeigt sich auch an den weiteren Nominierungen: Dass der Science-Fiction-Films "Cargo", die Literaturverfilmung "Tannöd" und der Krimi "Complices" die drei weiteren Kandidaten in der Kategorie "Bester Film" sind, resultiert aber wohl nicht – oder zumindest nicht allein - aus Vorlieben der Mitglieder der Filmakademie, sondern wohl mehr noch aus dem Mangel qualitativ überzeugender Alternativen.

Wie viel reicher und radikaler das Schweizer – und hier speziell das Deutschschweizer – Dokumentarfilmschaffen ist, zeigen die Nominierungen in dieser Kategorie. Mit Peter Liechtis assoziativem Bilderteppich "The Sound of Insects" und Vadim Jendreykos einfühlsamen Porträt der Dostojewski-Übersetzerin Svetlana Geier ("Die Frau mit den fünf Elefanten"), die beide freilich schon seit längerem in den Schweizer Kinos laufen, konkurrieren hier mindestens zwei meisterhafte Filme.