3D-Druck in der Galerie Allerart

3D-Drucktechnologien finden in Wirtschaft, Industrie und anderen Bereichen ständig neue Anwendungsfelder. Grund dafür ist nicht zuletzt, dass immer mehr druckbare ("Tinten"-)Materialien verfügbar werden. Im Rahmen ihrer letzten Ausstellung dieses Jahres lotet die Bludenzer Galerie Allerart die Wechselwirkungen analoger und digitaler skulpturaler Möglichkeiten aus und untersucht dabei vor allem auch die Einsatzmöglichkeiten von 3D-Drucktechniken, die über die klassischen Anwendungsszenarien weit hinaus reichen.

Der Ausstellung voraus ging eine "Carte Blanche" von Kurator Manfred Egender an den 1956 in Vorarlberg geborenen und heute in Wien lebenden und arbeitenden ehemaligen Bruno-Gironcoli-Schüler Fridolin Welte zu einer skulpturalen Werkschau.

Welte kam im Zuge seiner Tätigkeit als Universitätsassistent und ab 2005 als Assistenzprofessor an der Technischen Universität (TU) Wien schon sehr früh mit den Möglichkeiten des 3D-Druckes in Berührung. Wobei ihn an der neuen Technik von Beginn an interessierte, sie in solchen Bereichen einzusetzen, für die sie ursprünglich gar nicht vorgesehen war. Durch ständiges Experimentieren versuchte er, zu neuen Lösungen und Perspektiven zu gelangen. So seien seine künstlerischen Arbeiten logischerweise denn auch stark vom digitalen 3D-Druck inspiriert und abgeleitet. Und so sehe er sich heute selbst im eigentlichen Sinne als "analogen 3D-Drucker".

Um die Ausstellung in der Galerie Allerart auf einen zusätzlichen Sockel zu stellen, hat er Kolleginnen und Kollegen, die sich ebenfalls mit 3D-Druck befassen – zum Teil auch wissenschaftlich - , dazu eingeladen, gemeinsam mit ihm ihre "Kompetenzen" zu präsentieren. Namentlich sind dies Lidia Atanasova, Kathrin Dörfler und Ema Krakovská von der TU München, Marco Palma vom Institut für Kunst und Gestaltung der TU Wien sowie Gregor Titze ebenfalls Institut für Kunst und Gestaltung der TU Wien.

Fridolin Welte setzt sich in seinem Beitrag unter anderem mit dem Phänomen der Spiegelung auseinander. Konnte früher etwas nur gespiegelt werden, wenn man es direkt vor eine spiegelnde Fläche gestellt hatte, so ist es heute durch die Digitalisierung möglich, ein Objekt sowie auch gleichzeitig dessen mathematisch berechnetes Spiegelbild auszudrucken, wie Welte vor Augen führt.
Weiters hat der Bildhauer ein Objekt fabriziert, indem er Polyurethan-Schaum händisch Schicht für Schicht übereinander gelegt hat. Die fertige Skulptur hat er eingescant und dann per 3D-Druck repliziert. Ein linear Schicht für Schicht erzeugtes Stück wird solcherart durch den additiven 3D-Druck nochmals geschichtet, um formal zum Urmodell zurückzukommen. Solche "Verdoppelungen" sind es, die Welte ebenfalls in Bann ziehen.

Der aus Italien stammende Forscher und Gestalter Marco Palma stellt im Zuge seines künstlerischen Schaffens die sich ständig wiederholende, automatisierte, voraussagbare Arbeitsweise eines Industrieroboters unvorhersehbaren Verhalten von flüssigem Lehm gegenüber. In immer gleichbleibenden rekursiven Bewegungen druckt der Roboter industriellen Lehm durch ein dünnes Loch zu einer Art endlosem Faden, dessen Schleifen sich ständig übereinanderlegen. Da der Lehm flüssig ist, fallen die übereinander geschlängelten Lehmfaden immer wieder in sich zusammen und formieren sich neu. Letztlich erinnern die so entstandenen Objekte von Palma an vulkanähnliche Bergformen, die durch kraftbedingte Materialinteraktionen und nicht durch geometrische Darstellungen entstehen.
Als Professorin an der TU München forscht Kathrin Dörfler an der Schnittstelle von Architektur und Robotik an digitalen Design- und robotergestützten Bauprozessen und deren Synthese in neuen Technologien. Für die Schau in der Galerie Allerart entwickelte Dörfler in Zusammenarbeit mit Lidia Atanasova und Ema Krakovská, die ebenfalls zur Forschungsgruppe gehören, ein Ausstellungsobjekt, das additiv in Mensch-Roboter Kollaboration hergestellt wurde. Die Wissenschaftlerinnen erläutern den Entstehungsprozeß: "In diesem Versuch handelt sich um das schichtweise Binden aus Ziegelsplitt durch lokales Einbringen eines fließfähigen Tons. Schicht für Schicht entsteht ein loser verbunder Körper, der zuvor in einem CAD-Programm modelliert wurde. Die Ziegelsplitt- und Tonschichten werden abwechselnd von einem Menschen und einem kollaborativen Roboterarm in einem vorgefertigten rechteckigen Schalungskörper aufgetragen." Beim fertig materialisierten Objekt handelt es sich letztlich um ein kugelförmiges Gebilde aus Ziegelsplittkörnung, welches nur temporär Bestand hat und bei einfachem Zugeben von Wasser wieder in seine Einzelbestandteile zurückgeführt werden kann.

Der 1981 in Wien geborene Architekt Gregor Titze wählte während seines Studiums an der TU Wien, an der er heute am Institut für Kunst und Gestaltung im Forschungsbereich "Dreidimensionales Gestalten und Modellbau" als Lektor tätig ist, die Fotografie als sein bevorzugtes Medium. Dennoch führte ihn der stets einhergehende Wunsch, selbst etwas zu bauen, also etwas Plastisches zu erschaffen, 2015 auch zur Keramik. Wobei die Materialbeschaffung einen zentralen Punkt seines künstlerischen Arbeitens darstelle, wie er selber sagt. Er findet sein Material in der Natur und lässt sich überraschen, wie es bei der Bearbeitung reagiert. Ein besonderes Interesse gilt auch dem Ansatz, selbst erzeugte Werkzeuge, alte Techniken und neue Technologien miteinander zu verknüpfen. "Hierbei spielen materiell-diskursive prozesshafte Tätigkeiten, Dekonstruktion, Systemfehler und somit Zufälle zusammen," so Titze. Beispielsweise druckt er Objekte aus Kunststoff, macht davon Gipsabgüsse und formt diese wiederum in Keramik. Oder er zweckentfremdet Maschinen, indem er etwa einen 3D-Drucker mit einer Spachtel ausrüstet und die Bewegungen des Druckarms so programmiert, dass er loses Material verschiebt.

Auch Humor und Ironie kommen bei Titze nicht zu kurz, wenn er etwa die Geodaten der Schesaplanaspitze, des Kahlenbergs bei Wien und des Schöpfels, dem höchsten Berg des Wienerwaldes, zusammenführt und die Form des solcherart kombinierten Bergstockes dazu benutzt, um tragbare Party-Hütchen aus Keramik zu schaffen.

3D Analog-/-Digital
11. November - 30. Dezember 2022
Vernissage: 10. November, 20.00 Uhr
Mi-So 15-18