1912 – Mission Moderne

Wir schreiben das Jahr 1912. In Köln findet die "Internationale Kunstausstellung des Sonderbundes Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler" statt. Was den Organisatoren gelingt, gleicht einem Supercoup: Mit rund 650 Ausstellungsstücken (125 Werke von van Gogh, 26 von Cézanne, 25 von Gauguin, 32 von Munch und 16 von Picasso) wird die Sonderbundausstellung zur wichtigsten Präsentation europäischer Moderne in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg.

Die Sonderbundschau gilt als Abschied von den konzeptionslosen Sammelschauen des 19. Jahrhunderts. International ausgerichtet, programmatisch und nichtkommerziell begründete sie einen neuen Ausstellungstypus. So wurden die Exponate auf weiße Wände und teils sogar nur einreihig gehängt. Diese heute geläufige Errungenschaft war damals eine Innovation und verlieh den Exponaten eine kräftigere Ausstrahlung. Der Ideenreichtum der Organisatoren reichte aber noch weiter: Erstmals gab es für die Besucher einen Kurzführer zu den Exponaten, und in einem Erfrischungsraum wurde für ihr leibliches Wohl gesorgt. Darüber hinaus bewarb man die Schau flächendeckend mit Plakaten, Transparenten und Fahnen. Alle diese Neuerungen machten die Sonderbundschau zu einem der wegweisenden Ereignisse in der deutschen Kunstgeschichte.

Aber erst heute, mit dem Abstand von 100 Jahren, können die damals noch wenig bekannten Ausdrucksformen als Höhepunkt der europäischen Kunst gedeutet werden. Die seinerzeit vorherrschenden Kunstrichtungen sind jetzt als verschiedene Stränge einer großen Entwicklung zu erkennen, die sich im Jahr 1912 anzunähern begannen. In der Rückschau wird zudem deutlich, dass die gleichzeitigen Impulse der Fauves in Frankreich oder der Künstler der Brücke und des Blauen Reiters in Deutschland in ihren Zielsetzungen stärker verwandt waren, als damals gedacht.

"1912 – Mission Moderne. Die Jahrhundertschau des Sonderbundes" wird ein prägnantes Bild der Kunst vor 100 Jahren zeichnen und den Verlauf der nachfolgenden Entwicklungen innerhalb der Kunst der Moderne aufzeigen, wie ihn die Organisatoren von 1912 lediglich erahnen konnten. Die Kuratorin der Retrospektive, Barbara Schaefer, hat durch jahrelange Recherche fast alle 650 "Sonderbundexponate" identifiziert und ihren aktuellen Standort lokalisiert. Rund ein Fünftel davon bringt die Kuratorin des Wallraf nun endlich wieder nach Köln.

Im Ausstellungskatalog wird die Sonderbundschau sogar erstmals weitestgehend vollständig rekonstruiert – eine minutiöse Forschungsarbeit, die bis dato noch niemand auch nur ansatzweise geleistet hat.

1912 – Mission Moderne
Die Jahrhundertschau des Sonderbundes
31. August bis 30. Dezember 2012