10'000 Stunden

Am 13. Mai eröffnet das Kunstmuseum Thurgau unter dem Titel "10"000 Stunden" eine thematische Ausstellung, die sich mit der Bedeutung des Handwerks, der Meisterschaft und des Scheiterns in der zeitgenössischen Kunst auseinandersetzt. 10"000 Stunden entsprechen etwa fünf Jahren Ausbildung und beziehen sich auf die Zeit, die wir laut dem Soziologen Richard Sennett benötigen, um ein Handwerk richtig zu erlernen. In der Ausstellung werden herausragende Werke von dreissig Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland präsentiert.

Sennett, der mit seinem 2008 erschienenen Buch "The Craftsman" für Furore sorgte, stellt damit den Aspekt der Zeit ins Zentrum und plädiert für mehr Raum, um Erfahrungswerte sammeln zu können, scheitern zu dürfen und seine Hände zu üben, ohne zwangsläufig produktiv sein zu müssen. Sennett fordert dies auch und gerade für die Kunst, in der, so der Soziologe, "handwerkliches Können stark an Stellenwert verloren" hat.

Die Stellung des Handwerks hat sich in der Kunst in den letzten Jahrzehnten grundsätzlich gewandelt. Verstand sich der Künstler im Mittelalter noch als Handwerksmeister, so hat sich dies im Zuge der Industrialisierung und mit der Autonomisierung der Kunst im 19. Jahrhundert verändert. Seit den 1960er Jahren nahm zudem mit der Infragestellung des klassischen Kunstsystems und dem Ausbruch der Kunst aus den Museen eine Entwicklung ihren Anfang, welche die traditionellen Bereiche der Kunst und ihre Techniken mehr und mehr aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. In jüngster Zeit ist jedoch wieder ein grosses Interesse an Themen spürbar, die mit dem Begriff des Handwerks in engstem Zusammenhang stehen.

Das Ausstellungsprojekt "10"000 Stunden. Über Handwerk, Meisterschaft und Scheitern in der Kunst" nimmt die Behauptung Sennetts zum Anlass, über die Bedeutung des Handwerks und der handwerklichen Techniken in der zeitgenössischen Kunst nachzudenken und sie zur Diskussion zu stellen. Sie umkreist die Topoi Kunst, Handwerk, Meisterschaft, Scheitern und Zeit mit Werken von dreissig Künstlerinnen und Künstlern, die nach unterschiedlichen Kriterien ausgewählt wurden. Ihnen eigen ist ihre Affinität zum Handwerklichen, sei es in der Wahl des Mediums, in der Art der Arbeitshaltung oder in thematischer oder konzeptueller Hinsicht.

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler: Wilfrid Almendra (F), Copa &Sordes (CH), Der Internationale Dorfladen (D/NL), Wifredo Diaz Valdéz (UR), Rainer Ganahl (A), Alex van Gelder/Louise Bourgeois (NL/F), Arno Hassler (CH), Christine und Irene Hohenbüchler (A), Daniela Keiser (CH), Reto Leibundgut (CH), Charles Matton (F), Polly Morgan (UK), Rando Moricca (CH), Mai-Thu Perret (CH), Grayson Perry (UK), Michael Rea (USA), Roland Roos (CH), Ursula Rutishauser (CH), Katja Schenker (CH), Loredana Sperini (CH), Marion Strunk (CH), Rosmarie Trockel (D), Erich Weber (Grillgi) (CH), Nadja Wüthrich (CH)

Zur Ausstellung erscheint im Verlag für Moderne Kunst Nürnberg eine Publikation, welche die Kernfragen des Projekts ins Zentrum stellt, mit Textbeiträgen von Dorothee Messmer und Markus Landert, ausführlichen Werkbeschreibungen und 41 Abbildungen. Texte deutsch und englisch, Format 130 x 200 mm, 156 Seiten, Preis CHF 21.–, ISBN 978-3-86984-330-8. Zu beziehen im Kunstmuseum Thurgau oder über den Buchhandel.

10"000 Stunden
Über Handwerk, Meisterschaft und Scheitern in der Kunst
13. Mai bis 30. September 2012