Karl Neubacher im Kunsthaus Graz

Der 1926 im oberösterreichischen Hattenberg geborene Karl Neubacher zählt neben Richard Kriesche und Peter Gerwin Hoffmann zu den Pionieren der Avantgarde bzw. der Konzeptkunst in der Steiermark. Die Tatsache, dass sich in Graz in den 1960er- und 1970er-Jahren auf diesem Gebiet Maßgebliches und weit über den regionalen Zusammenhang hinaus Wirksames entwickelte, gibt den Protagonisten Relevanz und hebt sie aus der Enge der Provinzialität deutlich heraus.

Neubacher, der sich 1969 mit Goeschl, Kriesche, Haberl, Hoffer u. a. zur Produzentengruppe "pool" zusammenschloss, war hauptsächlich als Grafik-Designer tätig. Als solcher hat er maßgebliche Arbeiten für die Kunstzeitschrift "Pfirsich", das Avantgardefestival "Steirischer Herbst", die Firma Humanic u. a. realisiert. Seine Plakate, die immer künstlerische Konzepte zur Grundlage hatten, wurden international bekannt und ausgezeichnet. Die Zusammensicht von Gebrauchskunst und strengen Formen der bildenden Kunst erzeugte ein einzigartiges Spannungsfeld, das für Karl Neubachers künstlerische Praxis bestimmend wurde. Der schon zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert aufgekommene Gedanke, wonach angewandte Kunst als gleichwertig zur allen anderen Formen der Kunst anzusehen ist (siehe Wiener Werkstätte), wurde hier voll erfüllt.

Auch die Forderung, der Alltag bzw. alle Lebensbereiche sollten von der Kunst durchdrungen sein – der Gleichung "Kunst ist Leben" folgend – macht das Werk Neubachers heute noch höchst interessant. Gerade heute kann man in der internationalen Kunstentwicklung derartige Strategien beobachten. Neubachers hauptsächlich eingesetztes Medium war die Fotografie. Daneben aber mindestens genauso wichtig war ihm der eigene Körper, den er in Performances einsetzte und mit den Medien Fotografie und Film dokumentierte – er selbst als "öffentliche Kunstfigur".

Die in den 1970er-Jahren entstandenen Kurzfilme machen Karl Neubacher zu einem bis dato unentdeckten Avantgardefilmer. Auch seine Filme stehen im Zusammenhang mit den Strömungen performativer Körperkunst dieser Zeit. Sie sind Ausdruck des intensiven Ringens nach der Gültigkeit des künstlerischen Ausdrucks zwischen avantgardistischer Radikalität und Realitätsbezug. In der Werbung sah der Künstler selbstverständlich die "Lüge", der er ebenso kritisch begegnen wollte wie der "Lüge" der Kunst. In Neubachers Kunst war der gesellschaftspolitische Ansatz, der damaligen Zeit entsprechend, ein wesentliches Anliegen.

Der Künstler wurde durchaus international rezipiert, jedoch ist sein Werk heute nahezu in Vergessenheit geraten. Es war auch ein recht schmales Werk, das nicht zuletzt durch die Verweigerungshaltung des Künstlers niemals Eingang in den Kunstmarkt gefunden hat. Eine umfangreiche Retrospektive dieses spannenden und avancierten Werkes ist somit höchst angezeigt und ruft Graz als ehemalige Hauptstadt der Avantgarde in Österreich in Erinnerung. Damit wird nicht zuletzt eine der wesentlichen Aufgaben des Museums erfüllt: Vergessenes sichtbar zu machen. Günther Holler-Schuster


Karl Neubacher
18. Juni bis 19. Oktober 2014