Sébastien de Ganay. Fold

Häusler Contemporary München präsentiert vom 12. September bis 30. Oktober 2015 zur Open Art 2015 drei neue Werkserien des nahe bei Wien lebenden Künstlers Sébastien de Ganay, der konzeptuell die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur auslotet. Die neuen Objekte aus Aluminium, verzinktem Stahl, Holz und Mosaiksteinen sind bewusst zwischen den gängigen künstlerischen Kategorien angesiedelt und verführen den Betrachter spielerisch zu mentaler Beteiligung.

Bild, Relief oder gar Skulptur? Wo beginnt das eine und hört das andere auf, wer entscheidet darüber? Und wie verhalten sich die Dinge zwischen Kunstwerk und Betrachter? Es sind diese oft zitierten und stets aktuellen Fragen, die Sébastien de Ganay (*1962, Boulogne-Billancourt, FR) umtreiben. Auch in den drei neuen Werkserien, die er bei Häusler Contemporary München vorstellt, nähert er sich ihnen konzeptuell und gleichzeitig spielerisch, mit Ernsthaftigkeit und Augenzwinkern.

Spielerisch wirken vor allem die reliefähnlichen Wandobjekte der "Folded Flat"-Serie: Rote und blaue Aluminiumplatten sind nach Art des Origami gefaltet worden. Mal sind die eingeklappten Ränder zur Wand gedreht, mal stehen sie vorne leicht ab und locken den Betrachter umso mehr, die Faltung rückgängig zu machen, das aufzudecken, was darunter oder dahinter liegt. Eine Vorstellung von der Haptik des Materials und der Gestik, die zum Kunstwerk führte, stellt sich ein, und es ist just dieses partizipative Moment, auf das de Ganay abzielt. Ähnliches hat er schon bei seiner "Carton Series" aktiviert –Möbelskulpturen aus Aluminium, die von aufklappbaren Kartonschachteln abgeleitet sind. Bewegte er sich bei diesen Werken zwischen Design und Kunst, so zielt er mit den "Folded Flats" auf den Grenzbereich von Bild und Objekt ab.

Dasselbe tut er auch in den Werken der "Grid"-Serie. Sie sind geometrisch geprägt und bilden eine Art dreidimensionale Zeichnung vor der Wand, die sich verändert, je nach dem, welche Position wir einnehmen. Kunstkenner mögen sich angesichts der Motive an Gemälde der klassischen Moderne und Postmoderne erinnert fühlen, und die Titel der Werke mit Namen wie "Knoebel", "Mangold" oder "Stella", bestätigen diese Ähnlichkeit. Zusätzlich zur Gattungsfrage verweist de Ganay hier auf einen weiteren Diskurs: Wie lässt sich Inspiration, Appropriation und Kopie voneinander abgrenzen? Ist Kunst nicht immer aus ihrer eigenen Geschichte genährt? Und warum soll man diesen Umstand nicht kreativ nutzen, anstatt sich dagegen zu wehren?

Quaderförmige Objekte im Raum bilden schliesslich die dritte, neue Werkgruppe, die de Ganay vorstellt. Ihre Oberflächen sind gänzlich von Mosaiken aus quadratischen Glassteinen oder Badzimmerkacheln gebildet, was zugleich streng und verführerisch wirkt. Nur die Ausstülpungen an den Ecken und Kanten der Objekte lassen erkennen, dass ihr "Kern" eine Kunsttransportkiste ist. Die Hülle wird hier also selbst zum Umhüllten, der Schutz zum schützenswerten Kunstgegenstand. Indem de Ganay zudem auf dem Gebrauchsgegenstand die altertümliche "Maltechnik" des Mosaiks anwendet, werden wir erneut auf die anfänglich gestellte Frage zurückgeworfen: Bild, Relief oder Skulptur? Wo beginnt das eine und hört das andere auf?

Diese Frage wird in Sébastien de Ganays Kunst typischerweise mit Anregungen aus dem politischen und sozialen Leben gekoppelt, um Wahrnehmungsprozesse und Kategorisierungen generell zu hinterfragen. Er integriert sinnliche und minimalistische Formensprache, Gegenständliches und Abstraktes, Alltägliches und Exklusives. Damit gehört er gegenwärtig zu den innovativsten Vertretern der experimentellen Malerei und Skulptur. Deborah Keller


Sébastien de Ganay. Fold
12. September bis 30. Oktober 2015