60. Berlinale: Zartbittere chinesische Eröffnung

12. Februar 2010
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Mit dem chinesischen Film "Tuan Yuan – Apart Together" eröffnete die 60. Berlinale mit einem leisen, von sanfter Komik durchzogenen Melodram, das mit dem Thema des zwischen Festland und Inselstaat Taiwan geteilten China durchaus zur einst geteilten deutschen Hauptstadt passt.

Als 1949 die Soldaten der Volkspartei Kuomintang den Kampf gegen die kommunistischen Truppen verloren, zogen sie sich auf die Insel Taiwan zurück. Vorgegeben war damit auch die Spaltung in Festlandchina und den Inselstaat. Auch Liu Yansheng ist damals als junger Soldat geflohen, hat seiner schwangeren Geliebten zwar Rückkehr gelobt, ist dann aber doch auf der Insel geblieben.

Fünfzig Jahre später schreibt er drei Jahre nach dem Tod seiner Frau dieser großen Liebe seines Lebens und besucht sie und ihre Familie während einer Reise nach Shanghai. Für Liu Yansheng soll es aber nicht beim Besuch bleiben, sondern er möchte die Frau, in der auch rasch wieder die alten Gefühle erwachen, nach Taiwan mitnehmen. Ihr Mann stimmt diesem Wunsch zwar rasch zu, sehr unterschiedlich reagiert aber ihre Familie.

Wie in seinem Berlinale-Sieger von 2007 "Tuyas Hochyeit" erzählt Wang Quan´an auch in "Tuan Yuan – Apart Together" von einer Frau, die zwischen zwei Männern steht. Symbolisch kann man da freilich auch die drei Protagonisten als Personifikationen dreier Teile von China, die Frau als das geeinte, die beiden Männer als Festlandchina beziehungsweise Taiwan lesen.

Nie forciert Quan´an aber das Politische, sondern fokussiert ganz auf der Familiengeschichte, die dann freilich wieder politische Ereignisse der letzten 50 Jahre in Erinnerung ruft: die Härten der Kulturrevolution und die Flucht nach Taiwan, die vielen das Leben kostete, oder das schmerzliche Exil. Und gleichzeitig reflektiert Quan´an auf der Bildebene den Wandel Shanghais zur modernen Metropole, wenn er den schmalen Gassen, in denen die Wäsche hängt, die moderne Skyline mit Wolkenkratzern gegenüberstellt. Kritisch ist hier sein Blick, denn mit der Moderne scheint die emotionale Wärme abzunehmen.

In langen genau kadrierten und in dezente warme Farbtöne getauchten Einstellungen lässt Quan´an den Schauspielern viel Raum und Zeit und entwickelt gerade im ruhigen Blick große Zärtlichkeit und Sanftheit. Voll gefordert sind hier die Schauspieler, wenn sie minutenlang in einer ungeschnittenen Einstellung bei einem Gespräch oder einer Essensszene im Bild sind, überzeugen aber durchwegs und verleihen mit ihrem Spiel den Figuren viel Menschlichkeit und Wärme.

Die Schmerzen der chinesischen Geschichte, sind zwar stets spürbar und dennoch geht das Leben weiter, wird gegessen, getrunken, gesungen und das Leben gefeiert. Wunderbar in der Balance zwischen Melancholie und leiser Komik hält Quan´an seinen warmherzigen und sehr versönlichen Film, übt hinreißend, aber nicht bissig Kritik an einer absurden Bürokratie und parallelisiert die Trennung der beiden alten Menschen mit der Situation der Enkelin, deren Freund für zwei Jahre in die USA gehen will. – Kinochancen dürfte dieser unspektakuläre, aber in seiner Subtilität und Menschlichkeit sehr sympathische Film freilich kaum haben.