Ein Käse, kein Pilz

29. Juli 2013 Kurt Bracharz
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Die Belper Knolle ist ein von den Manufaktur "Jumi" in Belp, einem Ort im Kanton Bern, Verwaltungskreis Bern-Mittelland, hergestellter Gewürzkäse mit 42 % F.i.T., der äußerlich einer Weißen Trüffel gleicht – jedenfalls auf den ersten Blick, auf den zweiten bemerkt man, dass die Oberfläche ganz anders strukturiert ist. Die Belper Knolle ist ein 6 bis 10 Wochen gelagerter Hartkäse, hart genug, dass er wie eine Trüffel gehobelt werden kann.

Sie ist vor zwanzig Jahren von dem Schweizer Peter Glauser "erfunden" worden, der angeblich beim Aufräumen des Käsekellers vergessene Frischkäseknollen in einer Ecke gefunden, diese längst hart gewordenen Stücke geraspelt probiert hat und vom Geschmack so angetan war, dass er sich an die Kreation jenes Käses machte, der seither Belper Knolle heißt und jetzt von Peter Glausers Neffen Mike produziert wird. 2007 gewann die Belper Knolle den Schweizer Preis für das innovativste landwirtschaftliche Produkt "Prix d’innovation agricole", und mittlerweile bekommt man sie in jedem gut sortierten Käseladen in der Schweiz, Deutschland und Österreich, und auch in der Spitzengastronomie dieser Länder wird sie über verschiedene Speisen gehobelt.

Dieser Erfolg ist durch den angenehmen Geschmack des mit Knoblauch und Himalaya-Salz gewürzten, in Pfefferstaub gewälzten kleinen (65 bis 120 Gramm) Käses aus der Milch von Simmentaler Kühen nicht zu erklären. Die clevere Marketing-Idee war die äußere Trüffelähnlichkeit, die auch durch den neutralen Namen ("Belper Knolle" ist ja nicht sofort als Käse erkennbar), die häufigen Anspielungen auf Trüffeln in der Werbung und das empfohlene Hobeln (und da und dort durch den gleichzeitigen Verkauf eines Hobels) verstärkt wird.

Wenn man sich deutsche Food-Blogs und Postings durchliest, stößt man auf eine Vielzahl von Personen, die den Trüffelvergleich erst nehmen und den Käse auch geschmacklich mit dem Pilz vergleichen wollen. Die Belper Knolle schmeckt aber weder wie eine Trüffel noch wie ein Trüffelkäse – außer vielleicht für jene 8 Prozent der Erwachsenen, die den spezifischen (und für die anderen 92 Prozent sehr eindringlichen!) Androstenon-Geruch im Trüffel-Aroma gar nicht wahrnehmen können. Es hat aber irgendwie funktioniert, die Leute einfach nur per Assoziationen glauben zu machen, die Belper Knolle sei so etwas Ähnliches wie eine Trüffel und der Vergleich mit dem Pilz sinnvoll.

Wie immer in solchen Fällen bilden sich gleich noch weitere Mythen, so steht zum Beispiel auf einem Blatt, das ich in einem Käsegeschäft beim Kauf einer Belper Knolle erhalten habe, "die Milch wird weder erwärmt noch gekühlt, so wie sie aus dem Euter kommt, wird gekäst". Das behauptet sonst aber wirklich niemand, alle seriösen Quellen sind sich darin einig, dass die Belper Knolle aus pasteurisierter Milch erzeugt wird.

Die Belper Knolle kann man ebensogut aufs Butterbrot hobeln wie über heiße Spaghetti oder Gnocchi, der kleine Käse schmeckt echt gut, auch ohne jede olfaktorische Trüffelähnlichkeit.