Künstlerbücher der klassischen Moderne

Vom 27. April bis 29. Juni 08 zeigt das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg die Ausstellung "Maler und Poeten - Künstlerbücher der klassischen Moderne". 80 Bücher aus der Zeit von 1893 bis 1939, illustriert von den bedeutendsten Künstlern der klassischen Moderne wie Picasso, Kandinsky, Kokoschka, Jean Arp, Max Ernst, Salvador Dali, Alberto Giacometti, Matisse und Miro sind Gegenstand einer Ausstellung im eigens dafür eingerichteten Spiegelsaal. Die Sammlung Bokelberg wird zum ersten Mal in der Öffentlichkeit gezeigt.

Bei den "Livres d’ artistes", nicht zu verwechseln mit einem vom Künstler persönlich gestalteten unikaten Buchobjekt, handelt es sich um Vorzugsexemplare von Luxusausgaben mit einer Auflage zwischen 5 und 15 (die handelsübliche Auflage lag zwischen 100 und 2000), die streng limitierte Originalillustrationen wie Radierungen, Farblithografien oder Holzschnitte – eingelegt oder eingebunden – enthalten. Eine Besonderheit der Ausstellung sind einige Inkunabeln fotografisch illustrierter Bücher. Überwiegend waren diese Künstlerbücher das Ergebnis einer Freundschaft und Zusammenarbeit eines Schriftstellers mit einem Künstler, oft auch mit einem Verleger. Künstlerbücher dieser Art galten als Objekte vollkommener Buchkunst. Auf besonders ausgewählten Büttenpapieren gedruckt setzten sie die Tradition des handwerklichen Buches gegen die Industrialisierung mittels der Rotationspresse fort. Die Preise waren hoch und entsprachen im Vergleich zu heute gerne mehreren durchschnittlichen Monatsgehältern. Eine belegte Summe war 3.000 Francs – ein warmes Mittagessen kostete damals ca. 5 Francs (heute haben Künstlerbücher einen Wert zwischen 5.000 und 350.000 Euro). Bestimmt waren diese bibliophilen Meisterwerke für Kunsthändler wie Pierre Colle und Georges Keller oder betuchte Sammler wie den Pariser Couturier Jaques Doucet.

Zu den herausragenden Exponaten zählen ein von Sonia Delaunay-Terk handkoloriertes als Leporello herausgegebenes seltenes Buch von 1913 oder eine Arbeit Salvador Dalis zu den "Gesängen des Maldoror" von Comte de Lautréamont, damals gehandelt mit 4.000 Francs. Das Buch, erschienen 1869, war ein Fixstern des Schriftstellers, nach dessen Beispiel sich viele Surrealisten gerichtet haben. Die Picasso-Illustration zu Benjamin Pérets "De derrière les fagots" (1934) war eine Paraphrase nach dem berühmten Gemälde zur Ermordung des Marat. Der Titel ist eine Bezeichnung für etwas altes, wertvolles, was im Verborgenen gelagert wird. Seine Abzüge hat Picasso in den meisten Fällen selbst angefertigt. Das Motiv für Paul Eluards "La Barre d’Appui" erlebte mehrere Farbproben und mutet damit an wie ein Werk von Andy Warhol. Die Gesamtauflage belief sich auf lediglich 6 Exemplare, davon wurden 2 als einzelne Blätter verkauft, 4 befinden sich in Sammlungen, davon 1 in der Sammlung Bokelberg. Die Radierung Alberto Giacomettis zum Buch "Les Pieds dans le Plat" ist die erste dieser Technik und somit ein ganz besonders einzigartiges Blatt. Ende der Zwanziger Jahre wurden Bücher nicht nur mit Grafiken illustriert, sondern auch mit Fotografien. Hans Bellmers erstes Fotobuch "Die Puppe" aus dem Jahre 1934 ist in der Ausstellung ebenso zu sehen wie bedeutende Fotobücher von Man Ray und Claude Cahun.

Integraler Bestandteil der Ausstellung ist ein 25-minütiger Filmessay des in New York lebenden Filmemachers Oliver Bokelberg, der die ausgestellten Bücher mit der Musik zeitgenössischer Komponisten, z.B. eines Eric Satie, einfühlsam in Szene setzt. Es erscheint ein opulenter Katalog in kleiner Auflage mit Abbildungen aller Exponate und einem Beitrag über die Kunstgattung des illustrierten Buches von Prof. Dr. Herbert Molderings.


Maler und Poeten
27. April bis 29. Juni 2008