Szenario für das Verbinden von Städten

Metahaven ist ein Forschungs- und Designbüro aus Amsterdam, das im Zwischenbereich von Grafikdesign, Architektur und Kunst arbeitet und veröffentlicht. Für das Künstlerhaus Stuttgart entwickelt Metahaven ihre erste umfassende Ausstellung mit dem Titel "Stadtstaat". Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit Casco, Office for Art, Design and Theory in Utrecht, wo im Anschluss eine zweite Episode des Projektes gezeigt wird.

"Stadtstaat" ist als umfangreiches Forschungsprojekt über das Verhältnis von Design und Raum angelegt. Ausgehend von der spezifischen Situation von regionalen Zentren wie Stuttgart oder Utrecht erkundet Metahaven die Auswirkungen neuer Informationstechnogien, aber auch ökonomischer und politischer Einflüsse, die Raum durch Design strukturieren, und entwirft ein spekulatives Gegenmodell, das Stuttgart und Utrecht zu einem neuen räumlichen und politischen Zusammenhang verbindet. Zeitgleich zur Ausstellung wird die umfangreiche Monografie "Uncorporate Identity" von Metahaven bei Lars Müller Publishers erscheinen.

Neue Informationsverfahren wie Verschlüsselung und Verdichtung zählen zu den zentralen Themen in der Arbeit von Metahaven. In zahlreichen gestalterischen Entwürfen hat die Gruppe solche und andere üblicherweise verborgenen Mechanismen in ihrer Auswirkung auf die Designpraxis reflektiert und zum Ausgangspunkt von Gestaltungsprojekten gemacht. Verfahren der Verschlüsselung und Verdichtung beschreiben nicht nur neutrale Methoden der Informationstechnokratie, sie stellen vielmehr auf fundamentale Weise bekannte Vorstellungen von Identität, Kommunikation, dem Zugang zu Information und der Rolle des Designers in Frage.

Infolge der wachsenden Bedeutung der Information in verschlüsselter und verdichteter Formen - ein bekanntes Beispiel ist der Barcode - wird unser Verständnis von Sichtbarkeit und Erkennbarkeit auf grundsätzliche Weise verändert. Es entsteht eine Ordnung der Formen, die auf den ersten Blick unleserlich und unverständlich ist und erst durch einen technischen Prozess des Lesens und Scannens ihre eigentliche Nachricht übermittelt. Auf diese Weise funktionieren Verfahren der Verschlüsselung und Kompression als Werkzeuge, die den Zugang zu Informationen organisieren und den Informationsfluss kontrollieren.

Für die Ausstellung "Stadtstaat" entwickelt Metahaven ein Forschungsszenario, das grundsätzliche Fragen der Methodologie und des politischen Kontextes behandelt, die mit Datenverschlüsselung und -verdichtung verbunden sind. Ausgehend von Recherchen in den beiden Städten Stuttgart und Utrecht entwirft die Gruppe eine utopische Erzählung über eine neue mögliche geographische Organisation mit einer neuen politischen Agenda. Die Ausstellung präsentiert Forschungsmaterial, experimentelle Entwürfe für ein Branding sowie detaillierte Designanwendungen für eine neue Art des Stadtstaates, in dem Stuttgart und Utrecht sich verbinden oder "verdichten".

Die Arbeiten und Modelle in der Ausstellung arbeiten zwischen Informationsarchitektur und experimenteller Markenbildung, fokussieren auf den Begriff der Lesbarkeit und die Beziehung von Form und Raum. Thematisch präsentiert die Ausstellung eine Auseinandersetzung mit der Funktion visueller Gestaltung als einer Form des Grenzmanagements. Die fiktionale Marke des Stadtstaates repräsentiert ein radikales politisches Experiment, das gegenwärtige Phänomene des Stadtmarketings und Brandings in Frage stellt und mögliche Alternativen zur neoliberalen politischen Agenda verfolgt.

Die vorgestellten Entwürfe sind dabei nicht notwendigerweise als umsetzbare Vorschläge gedacht, sondern erkunden in ihrer Fiktionalität die Ränder des Möglichen und Denkbaren, um den Blick zu erweitern. Die technischen Verfahren und ihre sozioökonomischen Bedingungen werden in den Entwürfen selbst zum Gegenstand und zum ästhetischen Material. Auf diese Weise diskutiert die Ausstellung neue Informationsverfahren und den Raum, den sie erzeugen, als maßgebliche Parameter gegenwärtiger Gestaltung.

Metahaven (Daniel van der Velden, Vinca Kruk und Gon Zifroni) arbeitet als Forschungs- und Designbüro in Amsterdam und Brüssel. Zu den bisherigen Arbeiten von Metahaven zählt der Entwurf einer visuellen Identität für den Mini-Staat Seeland sowie Forschungsprojekte über den ehemaligen Volkspalast in Bukarest und die europäische Internet-Suchmaschine Quaero. Arbeiten von Metahaven waren in der letzten Zeit in Ausstellungen an der Architectural Association London, Arnolfini in Bristol, Stroom in Den Haag und der Architekturbiennale in Venedig 2008 zu sehen.

2008 zeigten sie die Einzelausstellung "Affiche Frontière" im CAPC, Musée d"Art Contemporain in Bordeaux. Neben Tätigkeiten im Grafikdesign, in der Forschung und zahlreichen Veröffentlichungen hat Metahaven weltweit Vorträge gehalten und an Konferenzen teilgenommen. Die Mitglieder der Gruppe unterrichten an der Yale University in New Haven, der Academy of Arts in Arnhem, dem Sandberg Institute in Amsterdam und der Ecole régionale des beaux-arts in Valence, Frankreich.


Stadtstaat. Szenario für das Verbinden von Städten
Ein Projekt von Metahaven - Episode 1
11. Juli bis 12. September 2009