Voici un dessin suisse

In den letzten Jahrzehnten hat die zeitgenössische Zeichnung in der Schweiz eine besonders reichhaltige und faszinierende Entwicklung durchlaufen. Schon zu Beginn des 1980er Jahre hat die Wanderausstellung "Le dessin suisse - Schweizer Zeichnung 1970–1980", die 1982 im Aargauer Kunsthaus zu sehen war, die Affinität der Schweizer Kunstschaffenden zu diesem Medium hervorgehoben.

Knapp 30 Jahre später bietet Voici un dessin suisse. 1990-2010 ein Resümee der aktuellen Schweizer Zeichenkunstszene und stellt erneut die Frage nach den - erwiesenen oder fiktiven - Banden zwischen Zeichnung und Schweizer Kunst.

Die Ausstellung im Aargauer Kunsthaus lädt ein, die verschiedenen und überraschenden Entwicklungen zeitgenössischer Zeichnung zu entdecken. Ausgehend vom Trägermedium Papier geht die zeitgenössische Zeichnung Verbindungen ein mit anderen künstlerischen Ausdrucksformen wie der Installation, dem Trickfilm, der Druckgrafik oder der Wandmalerei. Dabei zeugen die in der Ausstellung präsentierten Werke von der beeindruckenden Vielfalt künstlerischer Auseinandersetzungen in der Zeichenkunst der letzten zwei Jahrzehnte. Abgesehen von abstrakten Kompositionen von Karim Noureldin und Damian Navarro und den Landschafsdarstellungen von Ugo Rondinone, Boris Rebetez und Didier Rittener bescheinigt die Auswahl eine Rückkehr zum Figürlichen. Augenfällig ist zudem der hohe Stellenwert von Schriftzeichen im Bild. Reflektiert die Verwendung der Schrift bei Monica Germann/Daniel Lorenzi und Katia Bassanini die Welt der Medien und Werbung, so setzen sie Anne-Lise Coste, Vidya Gastaldon, Marc Bauer, Alain Huck oder Sabina Baumann auch für alltägliche Beobachtungen, persönliche Notizen, gesellschaftskritische Denkanstösse und als erzählerische Fragmente ein.

Dabei zeigen gewisse Arbeiten, wie etwa die mit wenigen Strichen ausgeführten Zeichnungen von Olaf Breuning oder Kim Seob Boninsegni, eine offensichtliche Nähe zum Cartoon und zur Karikatur. Letzterer schöpft, wie auch Josse Bailly, Stephan Landry oder David Chieppo, aus dem üppigen Bilderschatz der Populärkultur. Bei der Installation von GRRR (Ingo Giezendanner) in der Fensterfassade des Aargauer Kunsthauses verschmilzen Zeichnung und Street Art mit Videokunst zu einer urbanen Landschaft. Auch Denis Savary präsentiert seine Zeichnungen nicht auf einem Blatt, sondern in animierter Form auf dem Bildschirm. Die auf Wand und Treppe projizierte Zeichnung von Zilla Leutenegger sucht die Verbindung mit dem Raum. Yves Nezthammer und Franziska Furter lösen sich gänzlich vom zweidimensionalen Träger und überführen die Zeichenlinie in ihren installativen Arbeiten in die dritte Dimension.

Die vom Musée Jenisch Vevey - Centre national du dessin konzipierte Ausstellung war im Jahr 2010 im Musée Rath zu sehen. In Zusammenarbeit mit dem Aargauer Kunsthaus wurde "Voici un dessin suisse" für die Präsentation in Aarau weiterentwickelt. Die von der Kuratorin Julie Enckell Julliard ausgewählten Kunstschaffenden sind wiederum vertreten in Aarau. Gezeigt wird aber eine Vielzahl neuer Arbeiten und die Ausstellung wird mit Werken aus der Sammlung ergänzt. Monica Germann & Daniel Lorenzi, Franziska Furter, Nic Hess und GRRR (Ingo Giezendanner) realisieren für das Aargauer Kunsthaus ortspezifische Installationen und Wandarbeiten. Der Künstler Karim Noureldin entwickelte für die Präsentation von "Voici un dessin suisse" im Aargauer Kunsthaus ein szenografisches Konzept: subtile Streifen überziehen in rhythmischer Abfolge die Wände der Ausstellungsräume.

Katalog: Voici un dessin suisse (1990-2010), Hg. Julie Enckell Julliard, 256 Seiten, JRP|Ringier, Zürich, 2010. Erhältlich in D/F/E. CHF 48.–

Voici un dessin suisse 1990-2010

29. Januar bis 25. April 2011