Zurück in die Moderne. Zu Besuch in Los Angeles

Die Häuser von Neutra, Schindler, Ain und Zeitgenossen ziehen ihre Spuren über die Hügel von Los Angeles. Der Fotograf David Schreyer und der Kunsthistoriker Andreas Nierhaus zeichnen diese unter dem Blickwinkel des "Los Angeles Modernism" spannend, vielschichtig und atmosphärisch nach. Das Fotoessay von David Schreyer fängt Situationen im Heute ein, die den Betrachter zum Besucher werden lassen und lädt zum Verweilen ein. Dazu kommen die Texte von Nierhaus, die Orientierung geben, das Wesentliche zu Anlage und Konzept der Architektur auf den Punkt bringen und vor allem die Geschichten erzählen, wie die aktuellen BewohnerInnen mit den Ikonen der kalifornischen Moderne umgehen, sie bewohnen und die Qualitäten schätzen.

Das "Lechner House" aus dem Jahr 1947 beispielsweise, verbarg seine Qualitäten als spätes Meisterwerk, wurde es doch mit einer Reihe von Umbauten wesentlich erweitert. Die neue Bewohnerin und Architektin Pamela Shamshiri "war kein besonderer Fan von Rudolph Schindler, als sie sich auf die Suche nach einem Haus machte, um es zu restaurieren und zu erhalten; sie dachte eher an Richard Neutra oder John Lautner." Doch dann fand sie das Haus in Studio City auf dem Immobilienmarkt. Es ging ihr bei der Renovierung nicht um die streng wissenschaftliche Rekonstruktion eines Originalzustands, sondern um eine Adaptierung an heutige Wohnbedürfnisse unter Berücksichtigung von Schindlers ursprünglichen Ideen. "Es war allerdings nicht einfach, sich das Haus anzueignen: Lange hatten sie und ihre beiden Söhne den Eindruck, als würde Schindler mit ihnen zusammenwohnen – bis sie an einem bestimmten Moment das Haus übernahmen: 'Jetzt erst wohnen wir wirklich hier'."

Das sind die Geschichten, die das Blättern im Bilderbuch mit dem kurzweiligen Vertiefen in den Texten so reichhaltig macht. Grundrisse im Maßstab 1:200 vervollständigen im Anhang die Beschäftigung mit den Häusern aus den 1930er- bis 1960er-Jahren in Los Angeles. "Mit unserer Perspektive auf ausgewählte, vorbildliche Häuser der kalifornischen Moderne wollen wir einen neuen Blick etablieren, der sich als anti-monumental beschreiben lässt: nicht die eine ästhetisierte, pure und „ganze“ Form, sondern das Fragment, nicht die perfekte Oberfläche, sondern ihre Kratzer, nicht das erhabene Kunstwerk, sondern das alltägliche, aber hochwertige Gebrauchsobjekt Haus."

Auch das Wien Museum widmet sich dem Werk und der Wirkung des Architekten Richard Neutra mit eben diesen Fotos von David Schreyer, kuratiert vom Autor Andreas Nierhaus. Ergänzend dazu wird in Wien einer historischen Achse entlang die intensive und wechselvolle Beziehung Neutras zu seiner Heimatstadt Wien anhand bisher unveröffentlichter Dokumente rekonstruiert.

Richard Neutra, Wohnhäuser für Kalifornien
Bis 20. September 2020
im Musa, 1010 Wien, Felderstraße 6-8