Zombies, Agenten und eine Begräbnisgesellschaft

7. August 2007
Bildteil

Großes amerikanisches Kino begeisterte – oder entsetzte - am Wochenende beim 60. Filmfestival von Locarno jeweils rund 8000 Besucher auf der Piazza Grande. Paul Greengrass legte mit "The Bourne Ultimatum" einen atemberaubend rasanten Agententhriller vor, Robert Rodriguez mit "Planet Terror" eine blutrünstige Hommage an die Zombie-Filme der 70er Jahre und Frank Oz mit "Death at a Funeral" eine köstliche schwarze Komödie.

Nach zwei Filmen kennt der Zuschauer den einst vom CIA programmierten Agenten Jason Bourne. Lange Einleitung erübrigt sich bei "The Bourne Ultimatum" folglich. In die Handlung mitten hinein geworfen wird der Zuschauer und mit zwei bis drei Rückblenden wird nebenbei die Verbindung zu den Vorgängern hergestellt. Matt Damon als Jason Bourne ist nicht nur hinter dem CIA her um seine Identität zu klären, sondern der CIA auch hinter Bourne. Aus diesem Wechselspiel von Verfolger und Verfolgtem entwickelt dieser Agententhriller eine enorme Dynamik.

Von Moskau führt die Jagd über Paris und Turin zunächst mal nach London, wo Greengrass furios eine Beschattungsszene inszeniert. Dynamischer Schnitt und Musik, sowie eine sehr agile Kamera, die teils mittendrin ist und dann wieder Übersicht verschafft, sorgen über 45 Minuten für ungemeinen Drive, ehe es eine kurze Verschnaufpause gibt. Über Tanger mit einer fulminanten Motorrad- und Fußverfolgung über die Dächer führt der Weg schließlich zum Showdown nach New York.

Für Romanzen und andere Schlenker ist in "The Bourne Ultimatum" keine Zeit. Greengrass legt einen stets vorwärts drängenden pulsierenden Thriller vor, der nicht von großen Effekten und Feuerwerk, sondern von der Potenzierung klassischer Action lebt. Die Handlung mag dünner sein als in den Vorgängern, aber nicht zuletzt durch die durchgängige Erzeugung einer dichten kalten Atmosphäre wird verhindert, dass die Spannung nie nachlässt. Keine Sightseeing-Tour durch die Metropolen wird geboten, mit einer Flugaufnahme werden die Schauplätze installiert und dann geht’s rein in die Handlung. Keine verlockenden Urlaubsziele werden hier fotogen präsentiert, denn immer werden die Handlungsorte von Oliver Woods Kamera in kaltes Blau und Grün getaucht, warmes Rot findet man dagegen nirgends.

Mit dieser Hetzjagd hat der neue Film von Muppet-Schöpfer Frank Oz nichts gemein. Einziger Schauplatz von "Death at a Funeral" ist ein englisches Landhaus und erzählt wird annähernd in Echtzeit. An Tempo fehlt es dieser schwarzen Komödie dennoch nicht, denn wenn sich zu einem Begräbnis nicht nur Angehörige von den konträren Söhnen über den Neffen mit Acid-Tabletten bis zum Onkel im Rollstuhl, sondern auch ein kleinwüchsiger Mann mit Geheimnis versammeln, sind schon allerorts die Schlingen für höchst amüsante Komplikationen und Enthüllungen ausgelegt. Da die Figuren knapp, aber prägnant eingeführt werden, bereitet es uneingeschränkten Spaß den lustvoll agierenden weitgehend unbekannten Schauspielern zuzusehen und damit kein Leerlauf aufkommt springt Oz mit exaktem Timing von einer Personengruppe zur nächsten. Stilsicher und liebevoll setzt Oz ein perfektes Drehbuch um, hält immer alle Fäden in der Hand und kontrolliert souverän das Tempo.

Sicher nicht jedermanns Sache ist dagegen Robert Rodriguez "Planet Terror", der neben Quentin Tarantinos "Death Proof" den zweiten Beitrag des Doppelprojekts "Grindhouse" bildet. Wie in "Death Proof" gibt’s auch hier einen fingierten Trailer, gibt’s die absichtlich zerkratzte Kopie, den knackenden Ton und während einer Sexszene geht der Film sogar in Flammen auf und ein Insert teilt mit, dass die nächste Filmrolle fehle.

Erklärt Tarantino in "Death Proof" dem Actionfilm der 70er Jahre seine Reverenz, so widmet sich Rodriguez dem Zombiefilm. Auf selbstreflexive explizite Zitate verzichtet Rodriguez. Er beschränkt sich darauf seine Vorbilder von George A. Romeros "Zombie" bis John Carpenters "Assault" zu kopieren beziehungsweise neu zu mixen. Alles ist natürlich mindestens eine Nummer blutiger und brutaler als vor 30 Jahren. Gleich geblieben sind die Schauplätze von der abgelegenen, Nebel verhangenen Straße in Texas, einem Steakhouse als Rückzugsort das Fort im Western ersetzend und das Figurenarsenal mit bösen Militärs, einem Sheriff, einem Überhelden, einem auch mit einem Bein wehrfähigen Go-Go-Girl.

Es geht um die Entstehung von Zombies durch eine biochemische Substanz, doch völlige Nebensache ist die bewusst krude Handlung. Im Mittelpunkt stehen vielmehr Kampfszenen, Feuergefechte, bei denen das Blut der Zombies nur so spritzt, das Abhacken von Gliedmaßen und Herausreißen von Gedärmen. Und ganz nebenbei wird dabei immer wieder darüber diskutiert, wer denn nun in ganz Texas das beste Steak grille. – Mancher wird sich bei diesen Gemetzeln angewidert abwenden, andere wieder werden ihre helle Freude an diesem lustvollen Schundkino haben, auch wenn Rodriguez die Ballerei gegen Ende vielleicht etwas übertreibt und aufs Erzählen allzu sehr verzichtet.