Wilde Fantasie

6. Juni 2012 Rosemarie Schmitt
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Diese FANTAsie hat mitnichten etwas mit dieser süßen, kalorienreichen Limonade zu tun, nein diese Fantasie ist ganz und gar nicht zuckersüß und unglaublich erfrischend! Ja, auch f-moll kann wild sein! Der gute Frédérick, der jene Fantasia in f-moll im Jahre 1841 komponierte, war zwar häufig, doch nicht stetig von Schwermut geplagt. Diese Fantasie ist ein Indiz dafür, daß er es liebte zu improvisieren und auch gerne mal über die strengen Stränge schlug. Improvisieren, was ihm am Klavier ungewöhnlich gut gelang und womit er, was die alltäglichen Dinge des Lebens betrifft, doch häufig überfordert schien.

Zu Fantasieren fällt auch mir nicht schwer. So kann ich mir lebhaft vorstellen, daß jener Pole 150 Jahre später (1960) geboren worden wäre, und seinen Urlaub nicht im spanischen Valldemossa, sondern im portugiesischen Lissabon verbracht hätte. Er hätte nicht (George) Sand in den Augen und als Freundin gehabt, sondern Sand in den Schuhen von portugiesischen Stränden und hätte mit seinem Freund, dem gleichaltrigen Pianisten Mário Laginha, die Jazz-Clubs der Welt erobert. Seine wahre Freude an der Musik und am Leben hätte er gehabt und wäre nicht bereits mit 39 gestorben.

Frédérick Chopin, ein Jazzpianist? Das fällt Ihnen schwer sich vorzustellen? Mir ganz und gar nicht, nicht mehr! Nicht mehr, seit ich die aktuelle CD "Mongrel Chopin" des Mário Laginha Trios hörte. Der Begriff Mongrel bedeutet etwa dasselbe wie Mischling oder Kreuzung. Ich gestehe gerne meine Skepsis gegenüber dieser Aufnahme (bevor ich sie hörte natürlich!), denn ich bin keine Freundin von Cross-Over-Projekten, von Klassik meets Pop oder Jazz! Besuche solcher Art schätze ich nicht grundsätzlich!

Doch "Mongrel Chopin" (veröffentlicht von EDEL-Content und im Vertrieb von Q-rious Music!) ist anders! Mário Laginha (Klavier), Alexandre Frazao (Schlagzeug) und Bernardo Moreiro (Kontrabaß) bedienen sich zwar der Kompositionen Chopins, doch ist nicht der geringste Hauch kommerzieller Absichten zu riechen (auch bei einem noch so guten Näschen!). Wenn es zutrifft, was bei Wikipedia zu lesen ist, daß Authentizität (von gr. αυθεντικός authentikós "echt"; spätlateinisch authenticus "verbürgt, zuverlässig") Echtheit im Sinne von "als Original befunden" bedeutet, dann ist diese Aufnahme des Mario Laginha Trios ein Paradebeispiel für Authentizität!

Wenn Sie schon immer wissen wollten, weshalb Chopins Valse Nr. 1 op.34 der Valse Brilliante genannt wird, dann sollten Sie sich die Interpretation dieses Trios anhören! Wer Chopins Nocturnes kennt, weiß, daß diese Nachtlieder nicht alle unbedingt zum Einschlafen taugen, sondern vielmehr zu einem leidenschaftlichen Leben im Schutze nächtlichen Dunkelheit auffordern. Und wenn Sie schon immer wissen wollten (oder erst seit eben) wie Chopin spielen würde, wäre er 150 Jahre später geboren, können Sie "Mongrel Chopin" nicht widerstehen! Ich jedenfalls bin begeistert! Gibt es bei vielen CDs einen Titel, der mir ganz besonders gut gefällt, so ist es bei dieser Aufnahme so, daß es einen einzigen Titel gibt, den ich nicht so sehr mag. Ich fantasiere hin und wieder zwar auch ganz gerne, doch nicht gar so wild wie das Trio bei dieser Fantasia op.49! Doch Chopin, ja Chopin wäre vermutlich beeindruckt gewesen!

Ich trenne mich sehr ungerne von dieser CD, doch sollte man andere Menschen besonders an den schönen Dingen des Lebens teilhaben lassen! Hier also Ihre Chance ganz bald "Mongrel Chopin" genießen zu können: Wieviele Nocturnes komponierte Frédérick Chopin? Senden Sie die Antwort bis zum kommenden Mittwoch an klassik@habmalnefrage.de.

Herzlichst
Ihre Rosemarie Schmitt