Wenn der rote Kern spritzt

26. Juni 2017 Kurt Bracharz
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Klar, das Internet ist (auch) ein Labyrinth. Dass man sogar bei einfachsten Fragen weit gewiesen werden kann, zeigte sich beim Googeln der Frage, wie man die Kerne aus einem Granatapfel herausholt, ohne einen Spritzer der Flüssigkeit abzukriegen. Die ist nämlich gegen Gallseife und Fleckenteufel immun und färbt Textilien dauerhaft.

Bei Wikipedia klingt alles noch ganz einfach: "Die fleischig ummantelten Samen kann man mit den Fingern oder mit einem Löffel herauslösen, man kann die Frucht auch horizontal halbieren, die Schale an den dünnen Häutchen einritzen und die Frucht sternförmig zerbrechen oder indem man den Strunk abschneidet und den Granatapfel in einer Schüssel mit Wasser aufbricht. Die Kerne sinken ab, während die Schale und die weißen Häutchen auf dem Wasser schwimmen und leicht zu separieren sind. Außerdem lassen sich die Kerne durch Schlagen auf die Außenschale der halbierten Frucht lösen."

Wer nun nach dem letzten Ratschlag im guten Glauben mit den Fingern oder einem Löffel in den halbierten Granatapfel hineinfährt, kann sich höchstwahrscheinlich sogleich danach den Saft aus den Augen wischen, die Spritzfähigkeit der Frucht hat wohl jeder Anfänger schon unterschätzt. Die Methode, den Granatapfel unter Wasser zu schlachten, funktioniert, führt aber zum Verlust des Saftes, auf den man vielleicht nicht verzichten möchte, obwohl die Kerne das eigentliche Objekt der Begierde sind.

Das Schlagen auf die Frucht klingt auch nach einer vernünftigen Methode, es funktioniert aber in der Praxis unterschiedlich gut und manchmal überhaupt nicht. Das hat wahrscheinlich mit dem Reifezustand zu tun, aber vielleicht auch mit der Sorte: Auf einem der einschlägigen You-Tube-Videos klopft jemand die Kerne aus der halbierten Schale, ohne dass auch nur ein Tröpfchen Saft zu sehen wäre. Die Kerne sehen keineswegs vertrocknet oder sonstwie nicht in Ordnung aus, aber die bei uns erhältlichen Sorten enthalten alle soviel Saft, dass er schon beim Aufschneiden herausrinnt (wie man in einem anderen You-Tube-Video gut sehen kann).

Günther Liebsters Warenkunde "Obst", Weil der Stadt 2002, zählt als "einige bedeutende Sorten" gleich einmal achtzehn auf, von Israelitas (Spanien) über Selemi (Irak), Lefan (Türkei), Schahvar (Iran), Kabul (Afghanistan), Ganesh (Indien) bis zu vier kalifornischen Sorten mit Namen wie Spanish Sweet oder Purple Seeded. Da kann man schon annehmen, dass es Unterschiede in der Saftigkeit gibt und dass der Glückliche, der in dem Video die Frucht durchschneidet und alle Kerne ohne Mühe und Umstände in eine Schüssel klopft, eine andere Sorte verwendet als die auf dem Foto zu diesem Beitrag gezeigte.

Auch die dritte Methode lässt sich in der Realität schwer ohne Flecken auf der Kleidung ausführen: "Oberes Ende des Granatapfels mit einem Messer wegschneiden. Mit einer Messerspitze die Schale des Granatapfels von oben nach unten leicht einschneiden. Die Frucht nun in die Hände nehmen und leicht auseinander drücken, damit die Frucht sich öffnet. Nach dem Schälen werden die Kerne einzeln der Frucht entnommen und vorsichtig in eine Schüssel gelegt, aus der sie dann der weiteren Verwendung zugeführt werden können."

Solches rät nicht nur GuteKueche.at, sondern auch Eat-the-world.com: "Für diese Möglichkeit schneiden Sie den Granatapfelstengel einfach rechteckig aus, sodass ein Loch entsteht. Von jeder Ecke des Rechtecks ritzen Sie nun vier Schnitte leicht ein bis hinunter zum Stielansatz. Jetzt wird die Frucht einfach entlang der Schnitte praktisch sternförmig aufgebrochen und voilà! Die Küche bleibt sauber!"

Ja, machen Sie mal!