Der redaktionelle Teil einer Zeitung ist dazu da, die Leerstellen zwischen den Inseraten auszufüllen. Das würde man im Einführungsseminar für Gratisblatt-Macher lernen, wenn es so eines gäbe. Was man in diese Lücken hineinschreibt, ist eigentlich Wurscht. Ob es sich um die neuesten Weisheiten der Ernährungswissenschaft handelt, etwas über Hund oder Katze eines Politikers, einen aus dem Dekolletée gerutschten Schauspielerinnennippel oder die als Rezension aufgemascherlte Wiedergabe des Klappentextes eines Bestsellers, darauf kommt es nicht an, nur muss die Informationsbeschaffung billigst sein und darf nicht der unmittelbar daneben geschalteten Werbung widersprechen. Und in Europa fehlt die amerikanische Grotesken-Tradition, die dort Supermarkt-Zeitungen melden lässt, Elvis sei von einem UFO entführt worden.
Am Wochenende verstopften zwei neue Produkte die Briefkästen: »Vorarlberg Week« (Hrsg.: Vorarlberger Medienhaus) und »Weekend Magazin« (Hrsg.: Ex-Angestellte des VM). Der Grund war vermutlich, dass man fürs Magazinformat konzipierte Anzeigen nicht dem dritten Newcomer »Echo« (VM-Beteiligung: ein Viertel) überlassen wollte. Wer in den Gratisblättern von VKW und Sutterlüty, in »Wann & Wo« und »Das kleine Blatt« usw. noch nicht genug über Wellness, Reiseziele, Kosmetik und Mode gelesen hat, erhält hier noch jede Menge Infos über in Sibratsgfäll weltberühmte Vorarlberg-Promis.
Die einzige Überraschung ist die Kolumne von »Falter«-Chefredakteur Armin Thurnher in »Week«. Er schreibt in dieser ersten, dass man ihm »die Problematik eines lokalen Medienoligopols« nicht erklären müsse, dass der Journalismus keine »Dienstleistung, den Affen Zucker zu geben«, sondern ein Welterklärungsversuch sein solle und dass er, der Journalismus, durch »politischen Zugriff und hemmungslose (Selbst)Kommerzialisierung« bedroht sei. Mag sein, dass Thurnher die Problematik des Medienoligopols klar ist, aber eines sollte er uns schon erklären – nein, nicht gleich die Welt, nur: wieso Oligopol?