Was gehört in die Panzanella?

2. Juli 2012 Kurt Bracharz
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Die Panzanella ist der traditionelle toskanische Brotsalat, der aus altbackenem Weißbrot, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Essig und Öl besteht – im einfachsten Fall auch nur aus Brot, Tomaten und Olivenöl. Dies sei vorweggenommen, weil die gelegentlich unternommenen Versuche, das allzu simpel scheinende Gericht durch Zugabe von Fisch aufzupeppen, seinen rustikalen Charakter verfälschen.

Frances Mayes schreibt in "Küche, Kunst und Lebensfreude in der Toskana", München 2001: "Erfunden haben muss die Panzanella ein ausgehungerter Mensch vor einer leeren Speisekammer. Nur Brot war noch da und etwas Olivenöl. Was er daraus zauberte, genoss er wohl in der Mittagshitze im Schatten eines Laubbaums. Dass Panzanella so gut schmeckt, liegt an der Qualität des Brotes und des Olivenöls – nichts sonst. (...) Altes Weißbrot, fruchtiges Olivenöl und reife Tomaten im August ­– das ergibt eine Köstlichkeit aus der Arme-Leute-Küche. Manche Leute geben Thunfisch oder Anchovis dazu – eine Sünde, wenn Sie mich fragen. Diese Zutaten überlagern den fein ausgewogenen, erfrischenden Sommergeschmack."

Stephanie Alexander stößt in ihrem zusammen mit Maggie Beer verfassten Band "Toskanisches Kochbuch", Köln 2000, ins selbe Horn: "Panzanella ist ein traditionelles toskanisches Gericht, das mühelos erweitert werden kann und vor allem von der Qualität von Brot, Öl und reifen Gemüsen abhängt. Elizabeth Romer erzählt in ihrem Buch "The Tuscan Year", bevor die Tomaten reif seien, bestehe eine Panzanella in manchen Teilen der Toskana einfach nur aus Brot, Olivenöl, Zwiebeln und vielleicht frischem Knoblauch. Ich bestellte Panzanella im Ristorante La Taverna in Siena, um zu sehen, wie ein echter Toskaner sie zusammenstellt. Ich freute mich, als ich feststellte, daß meine Version abgesehen von dem etwas stärker zerkrümelten Brot in Ordnung war."

Die Rezepte dieser Autorinnen verwenden für die Panzanella ausschließlich das ungesalzene toskanische Weißbrot aus dem Holzofen, das zuletzt so hart wird, "dass man damit Nägel einschlagen könnte" (Mayes). Sie legen die Brotscheiben in kaltes Wasser, warten, bis sie sich vollgesogen haben, drücken sie dann gut aus und zerpflücken sie mit einer Gabel, bevor sie sie mit den anderen Zutaten vermischen. Mayes verwendet gehäutete und entkernte Tomaten, Basilikum, glatte Petersilie, rote Zwiebel, Karotte, Stangensellerie, Rotweinessig, Olivenöl, Pfeffer und Salz, Alexander und Beer fügen noch zerdrückten Knoblauch hinzu, Patricia Wells in "Trattoria", Cham 1995, entsteinte grüne Oliven.

Zum Thema "richtiges" Brot schreibt Wells: "Während in manchen Rezepten empfohlen wird, das Brot zuerst in Wasser einzuweichen, tue ich dies nur, wenn das Brot wirklich schon steinhart ist. Durch die Flüssigkeit der Gemüse, des Essigs und des Öls wird das Brot von selbst weich. Manche Köche schneiden die Brotkruste weg (tue ich nicht), andere schälen die Tomaten (tue ich ebenfalls nicht)."

In "Mamas Küche in Toskana, Umbrien und Ligurien", München 1993, gibt Edi Giotti von der "Antica Osteria da Bazzino" in Poggibonsi folgenden Ratschlag: "Das Rezept steht und fällt mit der richtigen Brotsorte: es muss sich gut zerreiben lassen und darf beim Einweichen nicht klebrig werden."

Die "Sagra della Panzanella", also das Fest des Brotsalats, findet jedes Jahr am 3. und 4. Wochenende im Juli in San Donato bei Orbetello in der Maremma statt. Während dort das ausgedrückte Brot möglichst klein zerkrümelt wird, zeigt unser Foto eine Panzanella aus gerösteten Brotwürfeln im Dornbirner Restaurant "Innauer", bei der aber das Verhältnis Brot zu Gemüse stimmt, denn eine echte Panzanella besteht aus relativ viel Brot und eher wenig Gemüse. Sie ist eben ein Brotsalat, kein Salat mit Brot.