Walter Weer - Sisyphos F.

Der Objektkünstler Walter Weer baut seit den frühen 90-er Jahren aus Papier und Karton seine fragilen Gebilde, zu denen er als wichtiges Material Schnüre aller Art dazunimmt und zu großen 3-dimensionalen Rauminstallationen und Reusen formt. Die "Werkzeichnungen" zu diesen relativ großen Skulpturen sind im Gehirn gespeichert und unterliegen einem ständigen Veränderungsprozess.

Dabei hat alles mit der Zeichnung angefangen. Ab 1975, nach dem Abgang von der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, an der er Bilder in Öl malen musste, akribisch und steril, blieben die letzten Arbeiten Fragmente – der erste Schritt in die richtige Richtung, dass es "kein Ganzes gäbe". Und so entstanden spontan mit Tusche, Gouache- und Pastellfarbe die ersten Zeichnungen, "Menschen, ausgeliefert in Wassermassen und Eis", eine Situation, die das Lebensgefühl vieler traf und in zwei Ausstellungen der damaligen Erfolgsgalerie Ariadne in Wien Furore machten. Ab ca. 1980 wird der Mensch auf den Zeichnungen immer unwichtiger, es bleiben die Konturen des Wassers und anderer Elemente, vielfach überklebt mit transparenten Papieren, das Überkleben, auch Knicken, Rollen führt zu bereits 3-dimensionalen Gebilden, oft aus verschiedenen Papieren wie Konglomerate zusammengesetzt, was zu den in der Neuen Galerie Linz gezeigten "Papierobjekten" führte. Winzige "Mundpapiere" und riesige "Unfestliche Girlanden" sind vor allem in Portfolios als Fotos der Nachwelt überliefert. Die Zeichnung war und ist eigentlich immer parallel vorhanden - täglich, meist als Ideen "gekritzel" im Skizzenbuch, dem wichtigsten Vehikel auf jeder noch so kurzen Fahrt, beim Zahnarzt und neben gelesenen Büchern, neben dem PC, in Gesprächen, beim Beobachten - kein Zettel, kein Fahrschein, keine Visitenkarte (darum wandern auch so viele Adressen ins Skizzenarchiv) ist davor sicher. "Kein Tag ohne Linie", irgendwie im Sinne von Paul Klee. Dazu je nach Lust und Laune eine Serie zu Gedichten von Thomas Bernhard und Peter Assmann (mit Schnüren als "Netze"), das sinnliche Arbeiten in einer Papierfabrik, wo auf Makkulaturpapier das Geplätscher und Gerinne des Wassers festgehalten wurde, Zeichnungen auf Transparentpapier und dort wo gerade ein anregendes Abfallstück einer Papierskulptur zum Zeichnen einlädt. Die Entdeckung von Zeitungs- und anderem -papier, das bereits Infos enthält, die zwischen Schnee von gestern und Ewigkeitsanspruch pendeln, manchmal mit Schnur ergibt "Papiernetze", die vermehrt in den letzten Jahren entstanden sind. Die Zeitungen eines Tages während einer langen Flugreise nach Kambodscha lieferten z.B. Material aus Österreich, England, Taiwan, Thailand, Bangladesch, Kambodscha für eine Arbeit, die den Splitter eines Lebenstages festhielt. In der aktuellen Ausstellung "Sisyphos F." in der Harder Galerie.Z zeigt Walter Weer Arbeiten aus verschiedenen Zyklen, u.a. einem Zyklus, der sich auf die Red List aussterbender Lebewesen bezieht. Seit er diese Aufzählung von Namen in dieser Liste zum ersten Mal in den Händen hielt, ist er fasziniert von ihnen. Das Vergehen, die dauernde Verwandlung dieser Aufzählung klingen in den Titeln seiner Werke an, die nie eine Darstellung der Genannten oder Erinnerung an sie sind. Auch die Arbeiten eines zweiten gezeigten Zyklus "datura morte" handeln von Vergänglichkeit, vom Verwesen (auch im Sinn der Metamorphose in verschiedene Zustände).
Sisyphos F. - Zeichnungen und Papierarbeiten 7. Mai bis 5. Juni 2010