Wählers Gunst oder die kleine Rache des Souveräns

Alle kennen den Modephotographen F.C. Gundlach; Photographien von Wahlkampfplakaten sind hingegen ein Bereich seines Oeuvres, der viele überraschen wird. Und doch photographiert Gundlach seit über 30 Jahren Wahlplakate. Tatsächlich gibt es zwischen beiden Werkkomplexen untergründige Verbindungen.

Gundlach spürt hier wie in der Mode dem Zeitgeist nach, fragt nach den Selbstinszenierungen der Prominenz und den gesellschaftlichen Reaktionen darauf. Nicht das Wahlplakat als solches ist es nämlich, das den Photographen interessiert, vielmehr sind es die Reaktionen des (Nicht-)Wählers auf die zumeist inhaltsleeren Botschaften. Dokumentiert werden die "kleinen Rachen des Souveräns", subversive Zeichen der Ohnmacht: Kreativ, ironisch, zynisch bis hin zur zerstörerischen Gewalt.

Die einzelnen Abbildungen fügen sich zusammen zu einer politischen "Nacht"-Geschichte – denn das Manipulieren, Verzieren oder Beschmieren der plakatierten Botschaft erfolgt stets in der Dunkelheit. "Volkes Stimme" wird in den nächtlichen Attacken auf das Wahlplakat ungefiltert sichtbar. Wobei das Plakat, wie die Puppe im Voodoo-Kult, die Angriffe stellvertretend zu erleiden hat. Und genau diese hat der Photograph Gundlach festgehalten, bevor sie tags darauf wieder von den Parteien überklebt wurden.


Wählers Gunst oder die kleine Rache des Souveräns
Wahlplakate aus drei Jahrzehnten - photographiert von F.C. Gundlach
21. August bis 27. September 2009