Von den Fallenbildern zu den Prillwitzer Idolen

Die Kunsthalle Jesuitenkirche präsentiert mit Daniel Spoerri einen der bedeutendsten internationalen Künstler und ehrt ihn damit europaweit als erstes Ausstellungshaus im Jahr seines 80. Geburtstages mit einer eigens für den profanisierten Sakralbau konzipierten Ausstellung, die exklusiv ab 23. Januar 2010 nur in Aschaffenburg zu sehen sein wird.

Den Namen Daniel Spoerri verbindet man mit einer Werkreihe, die der Künstler Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre schuf, die so genannten "Fallenbilder", oder "Tableaux–pièges". Spoerri ist aber nicht nur der Erfinder des "Fallenbildes". Die damit verbundenen und daran anknüpfenden Ideen gehen weit über ein bildnerisches Prinzip hinaus. Schon früh entstand die "Topographie des Zufalls", gewissermaßen das literarische Pendant zu der Terrainsuche mittels Alltagsgegenständen.

Die "Eat-Art" ist ein weiteres wichtiges Element in Daniel Spoerris Arbeit. Dies schlägt sich nicht nur in seinen Restaurant-Gründungen (das "Restaurant Spoerri" in Düsseldorf ist bereits Geschichte, aber jüngst eröffnete ein Esslokal in Hadersdorf am Kamp) und spitzfindigen Bankett-Ideen nieder. Im Rahmen der Beschäftigung mit der Ernährung, dem Essbaren und seiner Zubereitung entstand eine Serie von "Brotteigobjekten". Brotteig wird mit diversen Objekten im Ofen gebacken und quillt aus Bügeleisen, Traktorsitzen, Schreibmaschinen.

Die "Sevilla-Tische" gehören zu Daniel Spoerris "Fallenbildern". Sie entstanden 1972 anlässlich der Expo in Sevilla, wo Spoerri den Schweizer Pavillon gestaltete. Er tat dies mit unterschiedlich gedeckten Tischen, die später fixiert und an die Wand gehängt wurden. Der Untertitel der "Sevilla Serie" lautet "Eaten by…" Vermerkt wurden die Namen derer, die an einem Tisch gegessen hatten.

Als "Prillwitzer Idole" bezeichnet Daniel Spoerri eine Reihe großer Bronzefiguren, die seit 2005 entstehen. Animiert wurde er dazu durch eine Reise auf den Spuren der "gottesdienstlichen Altertümer der Obothriten". Spoerris "Prillwitzer" sind so genannte Originale in Serie. Alle Bronzen einer Serie unterscheiden sich im Detail voneinander, weil der Künstler die Gusskanäle in die Komposition mit einbezieht und dies bei jedem Guss auf andere Weise. Im Rahmen der Arbeit mit den "Prillwitzer Idolen" entstanden auch kleine Collagen auf Reproduktionen von Stichen aus dem 18. Jahrhundert, die J.F. Krüger nach vermeintlichen obothritischen Heiligenfigürchen anfertigte. Daniel Spoerri reagiert auf die Grafiken mit kleinen Objekten und interpretiert sie auf seine Weise.

Die künstlerischen Wurzeln Daniel Spoerris liegen im Nouveau Réalisme (Neuen Realismus): 1960 von dem Kritiker Pierre Restany gegründet, beruft sich der Nouveau Réalisme auf sein Ziel, "die soziologische Realität ohne jede polemische Absicht" zu registrieren. Zu den Anhängern der ersten Stunde gehören neben Daniel Spoerri: Arman, César, Dufrêne, Hains, Raysse, Tinguely und Villeglé.

Daniel Spoerri
23. Januar bis 11. April 2010