Ich wollte dem Zauber von Bad Ischl erliegen, dem Phänomen Hallstatt beikommen und erkunden wie aus 23 Gemeinden eine Kulturhauptstadt werden soll. Weltkulturerbe, kaiserliche Sommerresidenz, europaweit bekannte Kurstadt, Sommerdomizil bedeutender Komponisten – Bad Ischl ist opulent bestückt mit assoziationsreichen Zuschreibungen. Einen Besuch wert ist natürlich auch die Konditorei Zauner mitten im Ort beziehungsweise die Dependance an der prachtvollen Esplanade am Traun-Fluss oder Traditionsgastbetriebe wie der Goldene Ochs* – den es seit über zweihundert Jahren gibt – gegenüber.
Nur allzu gerne würde ich mich mit der Kaiservilla verzetteln, wo Franz Joseph I so viel idyllische Familienzeit verbrachte, aber 1914 auch die Kriegserklärung an Serbien unterzeichnete; über das Marmorschlössl, wo sich Kaiserin Sisi – deren Mythos eigentlich erst mit ihrem tragischen Tod auflebte – am liebsten zurückzog und Gedichte schrieb ... Doch interessant ist schon, dass die Kaiservilla 1890 mittels eines kleinen Dampfkraftwerks in der Nähe der Wirtschaftsgebäude elektrifiziert wurde und dass dort, wo sich heute das Parkbad befindet, Kaiserin Sisi ihr privates Schwimmbad errichten ließ.
Die historische Bedeutung als Heilkurort bezeugt die Trinkhalle in der Fußgängerzone: als Soolenbadhaus 1829 im Stile eines griechischen Tempels entworfen, dient sie heute – inzwischen schön renoviert – für Konzerte, Ausstellungen und Tourismusinformation. Das (relativ) neue, recht zentrale Thermenresort, aber auch die weiteren Kuranstalten sind architektonisch nicht bemerkenswert, dafür aber die Lehár-Villa (der ehemalige Wohnsitz des Operettenkomponisten), das Filmtheater und das Kongresshaus im Kurpark ziemlich prächtig.
Es fährt ein Zug von Bad Ischl nach Hallstatt – der weltberühmte Ort ist jedoch am gegenüberliegenden Ufer und nur mit (extra zu zahlender) Fähre erreichbar. Spektakulär falten sich die steilen Berghänge in den See hinab, doch beim Näherkommen werden die Häuser der schmucken, sich in die Höhe "klötzelnden" Matador-Stadt immer nichts-sagender. Blickpunkt ist eigentlich nur die spätgotische Pfarrkirche Maria Himmelfahrt, die auf einem Felsen über den Dächern des Ortes thront. Bei der Nachmodellierung von "Hallstatt See-Huizhou" in der südchinesischen Provinz Guangdong hat man auf diese grad vergessen, weil dort ja auch die umgebende Berglandschaft fehlt. Dafür wurde ein 170.000 m² großer, künstlicher See angelegt und Marktplatz sowie die Häuser des Straßenzugs dem Seeufer entlang bis zur evangelischen Pfarrkirche (im Inneren leerbleibend) kopiert. Ich begebe mich dann doch noch hinauf, zur Kurve mit dem Millionen-Klick-Blick und bleibe ... kopfschüttelnd ratlos.
Eigentlich absurd, dass der Titel "Kulturhauptstadt Europas 2024" (neben dem estnischen Tartu und der norwegischen Stadt Bodø wohlgemerkt!) an diese, von Touristen schon bis an die Belastungsgrenze überlaufene Region geht. Damit sollte ja grundsätzlich der nachhaltige Tourismus angekurbelt und die Entwicklung der Stadt (in diesem Fall aber der Region) durch Kultur gefördert werden. Aha!
Im Vorfeld wurde hauptsächlich von Streitigkeiten berichtet ... anscheinend ist es doch nicht so einfach 23 Gemeinden unter einen Hut – in ein Konzept – zu bringen. Doch jetzt steht das Programm für 2024: Unter dem Motto "Kultur ist das neue Salz" will man den Reichtum an spannenden Geschichten, Orten und Menschen zeigen, und eine "vielschichtige Gegend, deren eindrucksvolle Historie vor 7.000 Jahren mit dem Salzabbau in Hallstatt begann und im 19. Jahrhundert durch den Wiener Hof und sein Gefolge zum Synonym für Sommerfrische avancierte". Aha!
Hotel Goldener Ochs
Seit 1791 steht der Gasthof "Zum Goldenen Ochsen" quasi unverändert in Kubatur und Aussehen an der Straßenbiegung vor der Brücke über die Traun. Früher dazu noch Fleischhauerei, entstanden hundert Jahre später erste Zimmer für "Sommerfrischler" und Kurgäste. Heute ist das Ensemble in dieser privilegierten Lage am Ufer der Traun und mitten in Bad Ischl zum vier-Sterne "Hotel Goldener Ochs" angewachsen, die Erweiterungen und Umbauten so umsichtig gestaltet, wie es vielleicht nur ein sich seiner Tradition bewusster Familienbetrieb vermag: da gibt es den lichtdurchfluteten Frühstücks-Wintergarten, zwei Gaststuben – eine gediegen-elegant, eine gemütlich-rustikal mit Kachelofen – und den schönen Gastgarten, gekocht wird exzellent und regional. "Immer noch Alt-Ischler Wirtshaus, auch wenn Franz Lehár nicht mehr am Stammtisch sitzt", steht treffend im Hotelprospekt. Mit Hallenbad, variantenreicher Saunalandschaft, eingepasstem Kneipp-Pfad etc. wird der Goldene Ochs zum feinen Wellnesshotel. Da wurde an jeder Ecke mitgedacht und mit viel Zuwendung und Freude ein stimmiges Ambiente für die Gäste geschaffen.