Über Sammellust und Liebhabereien

Die Ausstellung "Das habe nur ich! Über Sammellust und Liebhabereien" bietet auf 750 Quadratmeter Einblicke in private und museale kunst- und kulturhistorische Sammlungen. Anhand von über tausend Objekten werden Liebhabereien, wird die Lust zu sammeln sichtbar. Ein Sammler liebt abenteuerliches Suchen, ist glücklich, wenn er gefunden hat, wonach er gesucht hat, hebt das soeben Erworbene sorgsam auf, vergleicht es mit dem, was er schon hat, integriert es in seine Sammlung und freut sich an seinem Besitz.

In Form von Stillleben und Interieurs inszeniert die Ausstellung nicht nur typologisch verwandte Werke der freien und angewandten Kunst, sondern informiert auch über die verschiedenen Motivationen der einzelnen Sammler. Anhand neuester Statistiken und soeben geführter Interviews werden 33 Positionen vorgestellt. Der Bogen spannt sich vom locker gehandhabten Sammelsurium bis zur wissenschaftlich exakten Kategorisierung, vom Ansporn zu retten, was bedenkenlos weggeworfen wurde, bis hin zu Überlegungen, die auf eine ökonomische Wertsteigerung von Kunstobjekten zielen.

Sammelgebiete variieren wie die Motive der Sammler. Sie reichen von abstrakt dekorierten Kakaokannen der 1930er Jahre bis zu kunstvoll gestickten Textilien aus dem Bazar von Istanbul, von farbenfroher Glaskunst aus Nancy um 1900 bis zu platt gefahrenen Getränkedosen, deren zufällige Verformung als ästhetische Qualität geschätzt wird. Am Ende der Ausstellung wird die rekonstruierte Wohnung eines Sammlers zitiert, der sich auf Dinge aus der Zeit der 1950er Jahre spezialisiert hat. Seine gesamte Wohnung ist voll von Sachen aus der Wirtschaftswunderzeit. Er hat sie über Jahre hinweg auf Flohmärkten entdeckt, erworben und bei sich zuhause aufgehoben und gezeigt.

"Das habe nur ich!" behaupten manche Sammler und sind stolz darauf, wenn sie ein Unikum oder ein Unikat, etwas Aussergewöhnliches oder Einzigartiges in ihrer Sammlung haben. Diese Aussage eignet sich als Titel. Denn es besagt: "Das" meint das Objekt der Sammellust, "habe" zeugt vom wohligen Gefühl des Besitzens, "nur" gibt den Grad an Exklusivität wieder und "ich" verweist auf die Persönlichkeit des Sammlers. Von einer Sammlung ist die Rede, wenn sich mehrere Objekte aufgrund bestimmter gemeinsamer Merkmale zuordnen lassen. Zusammen bilden sie eine Gruppe, sind von einer Sorte, von gleicher Art, kategorisieren einen Typus. Die Zuordnung geschieht anhand von Kriterien bezüglich einer gemeinsamen Funktion, einer ähnlichen Form, einer bestimmten Farbe, eines speziellen Herstellers, eines Entwerfers, einer Thematik, einer Stilrichtung oder einer zeitlichen Eingrenzung.

Anhand der Auswahl der Kriterien ergibt sich die besondere Charakteristik einer Sammlung. Die Kenntnisse über die Dinge verdichten sich, je mehr der Sammler sein Gebiet erweitert. Mit jedem neuen typologisch verwandten Objekt gehen neue Einsichten einher. Nach und nach werden die Sammler zu soliden Kennern auf ihrem Gebiet. Es trifft zu, dass Sammeln bildet. Goethe bestätigt diese Aussicht, als er 1830 im Rückblick auf die eigene Sammellust vermerkte, er habe seit 60 Jahren jährlich mindestens 100 Dukaten auf den Ankauf von Merkwürdigkeiten gewendet. Er habe nicht nach Laune oder Willkür, sondern jedesmal mit Plan und Absicht gesammelt und an jedem Stück seines Besitzes etwas gelernt.

Sammeln ist eine Kunst. Das Heraussuchen besonderer Dinge aus der Überflut von Gegenständen auf der Welt verlangt Spürsinn, kritisches Vermögen, Gespür für Qualität und Ordnungsliebe. Wie in einer Kunstkammer präsentiert der Sammler seine Stücke, arrangiert sie immer neu, zieht Vergleiche und recherchiert die ursprüngliche Funktion und Bedeutung. Selbst das Zeigen ist eine Kunstform, wenn sie nach ästhetischen Gesichtspunkten erfolgt. Oft verfallen bildende Künstler der Sammellust, weil sie die optischen Reize des Nebeneinanders ähnlicher Dinge genießen wollen.


Das habe nur ich!
Über Sammellust und Liebhabereien
17. Juli 2015 bis 10. Januar 2016