Über den Umgang mit Toten

Mit seiner Sonderausstellung "Six Feet Under – Autopsie unseres Umgangs mit Toten", die bis 30. März 2008 zu sehen ist, wendet sich das Deutsche Hygiene-Museum erneut dem Themenkomplex Tod und Sterben zu. Während sich die Fotoausstellung "Noch mal leben" vor zwei Jahren mit der ganz individuellen Dimension des Sterbens befasst hatte, betrachtet diese in leicht veränderter Form aus dem Kunstmuseum Bern übernommene Ausstellung, wie Gesellschaften ihr Verhältnis gegenüber den Toten und dem menschlichen Leichnam organisieren.

Obwohl Gewalt und Tod heute in den Medien fast allgegenwärtig sind, wird der direkte Kontakt zu den Toten in den westlich geprägten Ländern – anders als in vielen anderen Kulturkreisen - meist gemieden. Insbesondere die Leiche ist nahezu aus unserem alltäglichen Blickfeld verdrängt und durch ein neues System von Ritualen und Symbolen ersetzt worden, in dem die End­lichkeit der menschlichen Existenz verarbeitet werden soll.

Vielleicht ist die amerikanische Kult-Serie "Six Feet Under", deren Titel die Ausstellung übernommen hat, ein guter Indikator dafür, wie wir heute mit dem Phänomen Tod umgehen. Scheinbar lässig und mit einer gehörigen Portion schwarzen Humors erzählt sie vom Tod im turbulenten Alltag der Familie Fisher, die im kalifornischen Pasadena ausgerechnet ein Begräbnis-Institut betreibt.

Ironie, Neutralisierung, Katharsis, Entsymbolisierung oder aber Metaphorisierung sind die Strategien, mit denen wir versuchen, der natürlichen Unbeholfenheit bei der Begegnung mit der Idee des Todes und mit dem Körper des Toten Herr zu werden. Diese merkwürdige Verschiebung durch einen fast spielerischen Umgang mit dem Tod kann man auch an einem anderen Beispiel beobachten: Der Totenkopf - in früheren Zeiten ein Heiligenattribut oder Vanitassymbol – hat sich in manchen Kreisen in ein subkulturelles Emblem oder schickes Modeaccessoire verwandelt.

"Six Feet Under" vereint Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums Bern, aus zahlreichen Museen und Galerien, aus privaten Sammlungen sowie von Künstler/innen und speziell für die Ausstellung geschaffene Arbeiten. Neben Werken aus dem 19. Jahrhundert liegt das Hauptgewicht auf zeitgenössischer Kunst aus Ländern verschiedener Kontinente, aus Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, Polen, Estland, USA, Mexiko, Indien, Japan, Indonesien oder Ghana.

Wichtige Themenkreise der Ausstellung sind Totenköpfe und Skelette (von Andy Warhol bis Stefan Balkenhol und Katharina Fritsch), Leichname und Todesarten (von Félix Vallotton und Gabriel von Max bis Andres Serrano und Teresa Margolles), Gräber (von Albert Anker bis Claes Oldenburg und Joe Scanlan), der Künstlertod (von Keith Arnatt bis Gianni Motti und Adrian Paci), Tod und Lifestyle (von John Armleder und Izima Kaoru bis Rosemarie Trockel und Eberhard Havekost), Hommagen (von Ferdinand Hodler und James Ensor bis AA Bronson und Ron Mueck) und das Nachleben (von Adolf Wölfli bis Ana Mendieta, Felix Gonzalez-Torres und Sophia Schama).

Für die Präsentation im Deutschen Hygiene-Museum war es erforderlich, einige Kunstwerke der Berner Version zu ersetzen. Dafür konnten Werke international bedeutsamer Künstler wie Ron Mueck oder Kimsooja integriert werden. Außerdem wurde die Ausstellung ergänzt um einige Werke deutscher Künstler wie Lisa-Marie Auer, Hannes Broecker, Claudia Schoetz, Eberhard Havekost, Martin Mannig und Sophia Schama.


Katalog: "Six Feet Under. Autopsie unseres Umgangs mit Toten/Autopsy of Our Relation to the Dead" Kerber Verlag, Leipzig/Bielefeld 2006, 224 S., dt./engl. Mit Texten von: Elisabeth Bronfen, Bernhard Fiebicher, Susanne Friedli, Thomas Macho u.a. Der Katalog kostet im Museums-Shop EUR 29.90, im Buchhandel und Versand EUR 44.

Six Feet Under - Autopsie unseres Umgangs mit Toten
22. September 2007 bis 30. März 2008