Text without Subtext

In der aktuellen Ausstellung "Text without Subtext", die noch bis 15. Januar 2011 im Kunstforum Montafon zu sehen ist, sind schweigende und gleichzeitig beredte Dinge von Luisa Kasalicky und Arnold Reinthaler zu sehen, deren Qualität darin liegt, wie sie über "das, was zu sehen ist" hinaus, Bilder in den RezpientInnen entstehen lassen.

Die "Malerin" Luisa Kasalicky arbeitet im und mit dem Raum. Klassische materielle Bedingungen der Malerei, wie etwa Bildträger, Pinsel und Farbe, Tafelbild oder Malverfahren werden bei ihr durch den Einsatz von Industriematerialien obsolet. Das Material übernimmt die Funktion von Form und Farbe. Die Kunsthistorikerin Ursula Maria Probst schreibt über die Künstlerin mit tschechischen Wurzeln: "Als eine Methode ihrer Malerei entwickelt Luisa Kasalicky das Prinzip modularer Strukturen in Verwendung von Polystyropor, Bitumenplatten oder PVC-Fliesen, um aus dem Prozess des direkten Farbauftrages herauszutreten. In ihren spezifischen Anordnungen und farblichen Relationen changieren die Formationen zwischen kontrollierter Gestaltung und einer Kontingenz von Materialien, die gewöhnlich nicht als integraler Bestandteil eines malerischen Prozesses gelten." Trotz dieser konstruktiven Prozesse bergen die Arbeiten Kasalickys narrative Begleittöne. Ihre funktional nicht benutzbaren Werke, die Assoziationen zu Figuren, Möbeln und Gebrauchsgegenständen wecken, basieren inhaltlich vielfach auf Alltagsbeobachtungen und Erinnerungen. Für ihre Wandarbeiten, Objekte und Installationen greift sie auf Auslaufposten von Baumärkten aus den 1970er und 1980er Jahren zurück. In einer offenen Struktur werden die Materialien, die sie nach Farbe und Textur ausgesucht hat, in immer wieder neuen Konstellationen zu modularen Raumskizzen zusammengesetzt. Vorgefertigte Farboberflächen werden durch das Lackieren einzelner Bereiche ergänzt. In einem Ausstellungstext heisst es: "Luisa Kasalicky behauptet Gegenwelten zum Alltag. Sie fängt Menschliches ein, schält Wesentliches heraus und überträgt es in komplexe Raum- und Materialsysteme. In diesen werden neben autonomen Objekten gleichzeitig narrative Inszenierungen erzeugt, deren Geschichten über die Materialität transportiert werden." Im Werk des 1971 in Wels geborenen und heute in Wien lebenden und arbeitenden Arnold Reinthaler trifft unter anderem das archaische Material Marmor auf die Flüchtigkeit der Zeit. Was eigentlich ein Paradoxon ist, löst der Künstler, der dereinst in Bruno Gironcolis Bildhauerklasse an der Wiener Akademie gelernt hat, auf ironisch-logische Art. So graviert er beispielsweise digitale Uhrendisplays in Marmor und hält damit die Zeit an, oder er graviert in Marmorplatten Botschaften, die "normale" Leute en passant auf Post-It-Zettelchen kritzeln. Sätze wie etwa "ich komme gleich" oder "morgen ist alles gut" wandern üblicherweise nach kurzer Laufzeit in den Mistkübel, bei Reinthaler hingegen "versteinern" sie sprichwörtlich. Der Theoretiker und Leiter der Galerie Stadtpark Krems schreibt über diesen Künstler der Zeit, der auch mit elektronischen Medien arbeitet: "Reinthaler untersucht ...Interferenzen zwischen Zeitmessung, Zeitvorstellung und Zeitwahrnehmung. Der Künstler bedient sich in seinen zeichen- und medienreflexiven Untersuchungen explizit analoger, mechanischer, geradezu anachronistischer Medien wie Papier, Stein oder einer mechanischen Uhr, die er filmt. Gemeinsam ist all diesen chronometrischen Arbeiten das Interesse am Intervall, am Vexieren von Nicht-Zeit in Zeit, sowie der Dialektik von normierter, symbolisierter Zeit und Eigenwahrnehmung von Zeit. Die Arbeiten bilden Differenziale und Umschlagphänomene zwischen mechanisch-metrischer Zeitlichkeit und individueller Zeitwahrnehmung und Zeiterfahrung." Auf die Arbeit von Luisa Kasalicky im KFM reagiert Reinthaler unter anderem mit grossformatigen Bildern aus tiefschwarzem Granit oder Marmor aus Zimbabwe, in deren Mitte jeweils ein Dateiname eingeschrieben ist. Es handelt sich dabei um sogenannte "troubling files", also Dateien, die sich im Netz quasi auf der Flucht befunden, da sie illegal sind. Es sind File-Namen von Websites mit Kinderpornografie oder rechtsradikalen Inhalten. Aber natürlich manipuliert Reinthaler die Dateinamen, er will ja einem weiteren Missbrauch nicht Vorschub leisten. Weiters präsentiert er mit "Moments" eine stetig anwachsende Installation, die aus schwarzen Karteikästen und einem "Video in Progress" besteht.
Text without Subtext Luisa Maria Kasalicky – Arnold Reintaler 3. Dezember 2010 bis 16. Januar 2011