"Temporäres Kunstlager" in der Villa Claudia

Eigentlich wäre die nächste Ausstellung von Kunstvorarlberg in der Villa Claudia in Feldkirch den Lehrenden der Kunstschule Liechtenstein vorbehalten gewesen. Aufgrund der noch immer prekären Reisebestimmungen wurde dieses "Schaffen unter KollegInnen" jedoch erneut verschoben.

Damit die Räumlichkeiten im "Forum für aktuelle Kunst" nicht leer bleiben, improvisieren die Verantwortlichen von Kunstvorarlberg wie schon im letzten Jahr und führen unter dem Stichwort "Kunstlager 2" wiederum eine spontane Mitgliederausstellung durch.

Im Rahmen dieses Formats, das auf eine Idee des Bildhauers Hanno Metzler zurückgeht und das im letzten Jahr bei den BesucherInnen auf eine grosse Resonanz gestoßen ist, geben die Kunstschaffen des Vereins Einblicke in ihre Depots und zeigen, was sie dort in petto haben.

Anhand dieses "Zwischenlagers" in der Villa Claudia wird evident, wie vielseitig das Schaffen der Vereinsmitglieder angelegt ist. Wobei manche ganz aktuelle Arbeiten präsentieren, während andere die Möglichkeit nutzen, ältere Exponate zu reaktivieren und wieder einmal ins Scheinwerferlicht zu stellen. Für die Betrachter eröffnen sich dabei auch Gelegenheiten, Entwicklungsstränge bei einzelnen Kunstschaffenden verfolgen zu können.

Insgesamt beteiligen sich dieses Jahr achtzehn Künstlerinnen und Künstler an diesem "Kunstlager". Mit dabei ist etwa Melanie Berlinger, die sich mit überaus poesievollen botanischen Illustrationen einen Namen gemacht hat. Ihre feinfühligen Umsetzungen von Fächerahorn, Orchideengewächsen oder wilden Möhren mit Hilfe der Strichätzung und Aquatinta sind im Spannungsfeld zwischen Natur, Forschung und Kunst angesiedelt.

Unter dem Titel "Bukolische Erinnerungen" präsentiert Ursula Dorigo städtische und landschaftliche Impressionen, die während zweier Stipendiumaufenthalte im Landesatelier in Paliano nahe Rom entstanden sind. Die formal überaus reduziert in Acryl auf Graphit-Frottagen umgesetzten Ansichten verweisen mit ihren warmen, erdigen Farben direkt auf mediterrane Inszenierungen des Raumes.

Für die aus Dänemark stammende und heute in Feldkirch lebende und arbeitende Künstlerin May-Britt Nyberg Chromy ist das Rentier, das unter den aktuell vor sich gehenden Klimaveränderungen besonders stark leidet, ein Symbol für alles Leben, das sich auf teils völlig neue Umweltbedingungen einstellen muss. Im Rahmen einer Fotoserie setzt sie die Rentiere als eine Form neuer Nomaden bei ihrer Eroberung neuer Welten fotografisch ins Bild.

Die A5-formatigen Fotos auf Alludibond des Beitrages von Alois Galehr resultieren auf regelmässigen Beobachtungen des Bacino di S. Marco in Venedig während des Shut Downs mit Hilfe einer Webcam. An 133 aufeinanderfolgenden Tagen, beginnend mit dem 5. April 2020, entstand so eine Serie von Handyfotografien und Screenshots. Das Letzte entstand am 15. August (Ferragosta). Manche Veränderungen zum Bild des Vortags werden mit Stecknadeln gekennzeichnet und verweisen auf eine mögliche Verbesserung der Situation.

Hartwig Egmont stammt aus dem niederländischen Groningen und hat seine Zelte seit 2010 in Dornbirn aufgeschlagen. Er zeigt in der Villa Claudia zwei kleinformatige Gemälde, die 2013 entstanden sind. Zwar verweisen die Titel der Bilder "Riss" und "Träne" auf die Dingwelt, jedoch sind die Werke abstrakt gehalten. Heute sind die aus vielen Schichten bestehenden Ölbilder Egmonts durchwegs von figurativem Charakter. Wenngleich in ihnen Raum- und Strukturlösungen von damals nachklingen.

Seit der aus den den Niederlanden stammende Künstler Johan Jansen in Bludenz wohnt (seit 2010), kommen Blumen als Thema in seinen Bildern vor. Mit "Flowerscape3" zeigt er ein Gemälde aus einer aktuellen Serie, in welcher er versucht, mit Blumen Fantasielandschaften darzustellen.

"Alles ist leicht", nennt das neue Kunstvorarlberg-Mitglied Birgit Konzett ihre gezeigten Arbeiten. Die Nenzinger Künstlerin nimmt die Schwere der heutigen Zeit auf. Farbspielereien unter Wachs stehen schlicht in Naturnuancen gehaltenen Werken gegenüber. Einfache geometrische Formen, mittels Skalpell aus Papier geschnitten, ordnet Konzett unterschiedlich an. Den Aspekt der Klarheit und die bunte Vielfalt soll dem Betrachter eine spürbare Auseinandersetzung mit der herrschenden Pandemie ermöglichen.

Mit einer zweiten Serie von Personenporträts (Bleistift und Gouache auf Papier), natürlich mit Corona-Masken versehen, will Edgar Leissing nochmals und mit Nachdruck auf die Tatsache hinweisen, dass mit den Aufführungs- und Ausstellungsverboten die Kulturbranche voll ins Mark getroffen wurde und wird. Hinter den Masken erkennt man Persönlichkeiten wie etwa Lisa Suitner, Gernot Riedmann oder Bella Angora.

Renate Ludescher ist mit einer kleinen "Werkschau in Rot" im "Kunstlager 2" vertreten. Sie zeigt vier Objekte unterschiedlichen Formats, die die persönliche Handschrift bis hin zum kalligraphischen Duktus thematisieren. Ausserdem ist ein Porträt von Jean Michel Basquiat, ein Raumelement aus der Serie "Just Colors" sowie ein kleines Papierobjekt aus zerrissenen Tagebüchern in Buchform zu sehen. Letzteres hat die Künstlerin stark verdichtet und mit roter Farbe übergossen.

Die aus Wels stammende Textilkünstlerin Bianca Lugmayr thematisiert in ihrer Arbeit vor allem das Frausein und die Freiheit des persönliches Ausdrucks. Wie ihre Werke "Juppenmädchen", "Sappho" und "Gedankenschleier" in der Ausstellung belegen, versucht sie unterschiedlichste Techniken zu verschränken und die Grenzen zwischen Malerei, Nähkunst, Fotografie, Druck, Stickerei und Papierelementen auszuloten.

Der in Röns lebende und arbeitende Künstler Norbert Leo Müller hat sich zuletzt immer stärker dem Motiv des Berges zugewandt. Er erwandert und fotografiert die Berge zu jeder Jahreszeit und hält sie vor allem in Holzschnitten und Aquarellen fest. Das "Kunstlager" bereichert er mit drei Holzschnitten im Format 90 mal 70 Zentimeter, darunter das beeindruckende "Gebirgsmassiv mit Zimba".

Der Bregenzer Licht- und Fotokünstler Hermann Präg wartet im "Kunstlager 2" mit zwei Lichtobjekten auf, bei denen das Licht gleichsam im Objektraum modulliert wird. Es erscheint plastisch und vermittelt dadurch den Eindruck eines immateriellen Reliefs. Präg will bei seinen Lichtobjekten die Lichtquelle verbergen, indem er sie verformt. Zu diesem Zweck bearbeitet er die Oberfläche aus Acrylglas. Präg formt das Licht, wie ein Bildhauer den Stein.

Weitere Werke dieses "temporären Kunstlagers" stammen von Bettina Bohne, Hilda Keemink, Hanno Metzler, Daniela Peter, Dorothea Rosenstock sowie Franziska Stiegholzer. Da es sich beim "Kunstlager" um ein offenes Format handelt, kann es im Zuge der Ausstellungsdauer um weitere Positionen ergänzt werden. Auch haben die KünstlerInnen die Möglichkeit, ausgestellte Werke durch andere zu ersetzen. Insofern kann es durchaus lohnenswert sein, die Werkschau mehrmals zu besichtigen.

Die Ausstellung "Kunstlager 2" wird aus den bekannten Gründen nicht mit einer Vernissage eröffnet, sondern sie geht am 3. April von 15.00 bis 18.00 fließend über die Bühne.

Mit Melanie Berlinger, Bettina Bohne, May-Britt Chromy Nyberg, Ursula Dorigo, Alois Galehr, Egmont Hartwig, Johan Jansen, Hilda Keemink, Birgit Konzett, Edgar Leissing, Renate Ludescher, Bianca Lugmayr, Hanno Metzler, Norbert Leo Müller, Daniela Peter, Hermann Präg, Dorothea Rosenstock und Franziska Stiegholzer

Kunstlager 2
Kunstvorarlberg, Forum für aktuelle Kunst
Villa Claudia, Bahnhofstr. 6, A-6800 Feldkirch
3. April bis 9. Mai 2021
Erweiterte Eröffnung 3. April, 15.00-18.00 Uhr
Öffnungszeiten: Fr 16-18, Sa 15-18, So 10-12 u.15-18