Tanja Boukal. Political Correctness

Das Museum der Moderne Salzburg präsentiert die erste Mid-Career-Ausstellung der 1976 in Wien geborenen Künstlerin Tanja Boukal. In ihren frühen Schaffensjahren hatte sich Boukal intensiv mit dem menschlichen Körper – vor allem ihrem eigenen – auseinandergesetzt. Seit einigen Jahren liegt der Fokus in ihrem Werk – weg vom Individuum hin zu kollektiven Gruppierungen und Massenbewegungen – vermehrt auf dem Aufspüren von Veränderungen innerhalb gesellschaftlicher Beziehungen, die zu radikalen politischen Aktivitäten gegen tradierte Gesellschaftsformen führen.

Boukal interessiert besonders der Erfolgslauf der "Vendetta", der rund um den Globus zu beobachten ist. Im Gegensatz zu Revolutionen wie jenen der 1960er-Jahre, die "Helden" wie Che Guevara inthronisierten, organisieren sich Protestbewegungen heute mithilfe von sozialen Medien als Massenoperationen und setzen diese als gemeinschaftliches politisches Instrument ein. Damit wird nicht ein Gesicht zum personifizierten Revolutionsträger, sondern Millionen anonymer Gesichter tragen zur leichteren Identifizierung jedes Einzelnen mit der Bewegung bei.

Ebenso engagiert sich Boukal für die Wahrnehmung von Menschen, die als Konsequenz ihren ursprünglichen Lebensraum hinter sich lassen und ein Leben am Rande unserer Gesellschaft führen. Gemeinsam ist Boukals Themen, dass sie diese – sofern möglich – vor Ort recherchiert, unmittelbar Betroffene einbezieht und somit den Informationsfluss offizieller Medienberichterstattung kritisch rezipiert und ergänzt.

Ausgangspunkt für die Werke Tanja Boukals sind offizielle Medienbilder und Bilder aus kollektiv gespeisten Foren wie Flickr, welche sie mit eigenen Fotografien kombiniert. Im Gegensatz zu den Magazinfotografien professioneller Fotojournalisten entsteht heute eine Vielzahl von Bildern durch Amateure vor allem mit Smartphones. Der Blick der Fotojournalisten von außen wird durch den Blick von innen ergänzt. Die Rezeption findet zwar weiterhin in den Wohnzimmern statt, passiert aber auch mobil.

Während wir diese Bilder und (Amateur-)Videos nur für einen kurzen Augenblick wahrnehmen und sich die darin enthaltenen Informationen laufend selbst überholen, erarbeitet sich die Künstlerin diese Fotografien in zeitraubenden Arbeitsprozeduren. Zum einen werden die Fotografien anhand unterschiedlicher Druckverfahren auf Materialien wie Steine oder Emailtafeln aufgebracht, zum anderen in zum Teil computerunterstützten Verfahren in Stick- und Stricktechniken übersetzt.

Die Verwendung traditioneller Kunsthandwerkstechniken ist für Boukal Ausdruck einer "Musealisierung" kurzlebiger Medienbilder. Die Zeit, die sie für die Übertragung des "schnellen" Mediums der Fotografie in diese arbeitsintensiven Techniken benötigt, unterstreicht ihre Intention, eine erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den dargestellten Menschen und eine intensivere Auseinandersetzung mit ihnen zu erreichen.

Tanja Boukal. Political Correctness
9. November 2013 bis 2. März 2014