Simone Forti. Mit dem Körper denken

Das Museum der Moderne Salzburg richtet die weltweit erste umfassende Rückschau auf das bahnbrechende Werk der einflussreichen Künstlerin, Choreografin, Tänzerin und Schriftstellerin Simone Forti aus. Neben zahlreichen Performances, von denen viele live zur Aufführung kommen, eröffnen Zeichnungsserien, Arbeiten mit Hologrammen und mit Klang sowie Videos ein überraschend breites künstlerisches Spektrum. In diesem Zusammenhang erscheint auch der erste umfangreiche Katalog zum Schaffen der Künstlerin.

Simone Forti wurde 1935 im italienischen Florenz geboren und emigrierte 1938 mit ihrer Familie über die Schweiz in die USA nach Los Angeles, wo sie aufwuchs und nach vielen anderen Stationen mittlerweile wieder lebt. Sie wurde geprägt vom liberalen Klima der Westküste und später von der experimentellen Downtown-Kunstszene von New York – zu einer Zeit, als Performancekunst, prozessbasierte Arbeiten und Minimal Art aufkamen. Ihr Werk wird als Vorläufer des bekannten Judson Dance Theater (einer Gruppe von mit Tanz experimentierenden Künstlerinnen und Künstlern wie Trisha Brown, Steve Paxton und Yvonne Rainer) und der Minimal Art angesehen. Obwohl sie als Schlüsselfigur dieser Kunstströmungen gilt, zieht sie die einfache Bezeichnung "Bewegungskünstlerin" vor.

Sie hat mit Künstlern wie Dan Graham und Robert Whitman sowie mit Komponisten wie Charlemagne Palestine, Peter Van Riper und La Monte Young zusammengearbeitet. In den letzten Jahren haben Künstlerinnen und Künstler der jüngeren Generation vermehrt die Zusammenarbeit mit ihr gesucht, was die große Bedeutung von Fortis Werk für die aktuelle Kunst verdeutlicht. Forti hat sich intensiv mit körperlicher Wahrnehmung und Komposition auseinandergesetzt und sich dem Experiment und der Improvisation, vor allem aber auch der Kollaboration mit anderen Künstlerinnen und Künstlern verschrieben. In den frühen 1960er-Jahren revolutionierte sie die Vorstellung von Tanz und Performancekunst mit aus dem Alltag entnommenen Bewegungen. In "Huddle" (1960), einer ihrer populärsten Arbeiten, bildet eine Menschengruppe, in der gebündelte Kräfte wirksam werden, eine Skulptur.

Zu Fortis bekanntesten Werken zählen minimale Objekte aus einfachen Materialien wie Sperrholz und Seilen: die berühmten "Dance Constructions" (1960/61), die erstmals in New York aufgeführt wurden und – u. a. im Loft von Yoko Ono nach Art eines Skulpturengartens inszeniert – radikal neue Tänze hervorbrachten. Fortis Untersuchungen der Beziehung von Objekt und Körper im Wechselspiel mit mentalen Abläufen und Sprache sind wichtige Beiträge an der Schnittstelle zwischen Skulptur und Performance. In den späten 1960er- Jahren – u. a. unter dem Einfluss der Schriften des Verhaltensforschers Konrad Lorenz – begann Forti, die damals in Rom in der Nähe des Zoos lebte, aus den Bewegungen von Tieren Performances zu entwickeln. In ihren jüngsten Arbeiten, den "News Animations", untersucht sie, wie aktuelle Ereignisse im Tanz gespiegelt werden können.

Die Ausstellung umfasst mehr als zweihundert Werke – Objekte, Zeichnungen, Hologramme, Klangarbeiten, Fotografien und Videos von Performances, die zu einem großen Teil noch nie zu sehen waren – und ist in fünf Gruppen von Werken organisiert; die umfangreichste davon wird von den erwähnten "Dance Constructions" gebildet. In einer weiteren Zone wird von der Künstlerin eine als "persönliche Arbeiten" bezeichnete Gruppe (1967) vorgestellt, in denen sie sich malerisch mit primären Farben auseinandergesetzt hat. Hinzu kommen die Serien der "Animal Movement Works" (ab 1968), Tierbewegungsstudien in Form von Zeichnungen und Performances, und der Illuminations-Zeichnungen (1971). Ihre Performances in Innsbruck und Wien, Ende der 1970er-Jahre von Ursula Krinzinger organisiert, werden als ein wichtiges Kapitel der österreichischen Kunstgeschichte ebenfalls erstmals wieder vorgestellt.

Mit der Werkgruppe News Animations (ab 1983) leitet Simone Forti über zur Fragestellung, wie Geschichte erfahrbar gemacht wird. Es wird damit ein Bogen gespannt zu der parallel am Museum der Moderne Salzburg gezeigten Ausstellung Kunst/Geschichten, die vom 26. Juli bis 26. Oktober 2014 auf Ebene 4 zu sehen ist und in der Fortis "Nachrichtenanimationen" ebenfalls integriert sind. Eine Audio/Video- und Leselounge lädt die Besucherinnen und Besucher ein, sich in das Schaffen von Simone Forti zu vertiefen.

Fortis berühmte "Dance Constructions" und weitere Performances werden täglich im Museum auf dem Mönchsberg und im öffentlichen Raum in Salzburg aufgeführt. In der ersten Ausstellungswoche, vom 18. bis 25. Juli 2014, finden öffentliche Workshops der Künstlerin mit Studierenden der SEAD (Salzburg Experimental Academy of Dance) statt. Unter Fortis Leitung werden die Performances, die ab 25. Juli mehrmals wöchentlich aufgeführt werden, einstudiert. Detaillierte Informationen zu Aufführungsorten und -terminen sind im Performance- Kalender auf der Museumshomepage www.museumdermoderne.at verzeichnet.


Zur Ausstellung erscheint der Katalog "Simone Forti. Mit dem Körper denken" im Hirmer Verlag, München, als eigenständige deutsche und englische Hardcover-Ausgabe mit einem Interview von Sabine Breitwieser mit Simone Forti, mit Aufsätzen von Julia Bryan-Wilson, Fred Dewey, Meredith Morse, einem Gespräch zwischen Liz Kotz und Tashi Wada sowie Texten der Künstler_innen Robert Morris, Steve Paxton und Yvonne Rainer. 320 Seiten mit zahlreichen farbigen und schwarz-weißen Abbildungen. Die Museumsausgabe ist um EUR 29.- erhältlich.

Simone Forti. Mit dem Körper denken
Eine Retrospektive in Bewegung
18. Juli bis 9. November 2014