Sensor. Zeitraum für junge Positionen

Die Ausstellungsreihe "Sensor. Zeitraum für junge Positionen" zeigt in kurzen Zeitabständen Werke junger Künstlerinnen und Künstler aus den mit dem ZKM Museum für Neue Kunst kooperierenden Sammlungen. Im zweiten Teil der Ausstellungsreihe werden Werke von Isabell Heimerdinger und Markus Sixay aus der Sammlung FER Collection im Dialog gezeigt.

Isabell Heimerdinger (*1963 in Stuttgart) lotet in ihren Fotografien und Installationen die Grenzen aus zwischen Authentizität und Simulation, Fiktion und Wirklichkeit, Künstlichkeit und Echtheit. Im Mittelpunkt ihrer künstlerischen Arbeit stehen die Welt des Kinos und das Medium Film. Nachdem sie 1991 bereits ihr Studium an der Kunstakademie Düsseldorf absolviert hatte, verbrachte die Künstlerin Mitte der 1990er-Jahre einige Jahre in Los Angeles, erwarb 1995 einen Master of Fine Arts am California Institute of the Arts, Los Angeles, und lernte die Filmindustrie Hollywoods kennen.

Seit einigen Jahren beschäftigt sich Heimerdinger verstärkt mit der Figur des Schauspielers und dessen medialer Inszenierung. Dabei thematisiert sie die Dialektik aus Pose und "echtem" Ausdruck, aus Rolle und Identität, aus Imitation und Emotion.

Oft tauchen in den fotografischen, filmischen und installativen Versuchsanordnungen Isabell Heimerdingers Momente der Irritation auf, durch die wir auf subtile Weise auf unsere Sehgewohnheiten aufmerksam gemacht werden und beginnen, diese zu hinterfragen. Was auf den ersten Blick authentisch oder real erscheint, stellt sich bei näherer Betrachtung als Konstruktion oder gar als Täuschung heraus. So scheint zum Beispiel die Lampe in der Arbeit Eclipse (2001) selbst zu leuchten. Erst bei näherem Betrachten fällt auf, dass sie von einem Scheinwerfer angestrahlt wird. Heimerdinger nutzt hier die im Film und Theater eingesetzte Technik, um auf die optische Konstruktion jeder Projektion, die auch den Medien Film und Fotografie zugrunde liegt, hinzudeuten.

Die Serie Interiors (1997–2000) zeigt Sets bekannter Filme der 1950er- bis 1980er-Jahre. Die menschenleeren Räume evozieren die unheimliche Atmosphäre der Filme und stellen so die Inszenierung des filmischen Raumes durch die Lichtregie und den Blickwinkel zur Schau. Heimerdinger analysiert auf diese Weise die psychologische Manipulation mit filmischen Mitteln.

Mit einer Ambivalenz zwischen Faszination für das Kino und der Offenlegung seiner Mechanismen fordern Isabell Heimerdingers Arbeiten den Betrachter auf, das Medium Film und die stets präsente Hollywood-Kultur zu reflektieren.

Der Künstler Markus Sixay (*1974 in Langen) untersucht in seinem Werk die Möglichkeiten und Grenzen von Skulptur durch die Schaffung einer spannungsvollen und ironischen Beziehung zur Realität. Er knüpft an Kunstrichtungen wie Konzeptkunst und Kontextkunst an, und treibt deren Ansätze durch einen dadaistischen Gestus ad absurdum. Ironie und verbal-visuelles Spiel sind feste Bestandteile seiner Arbeit. Der übergreifende Titel einer Serie von Videoarbeiten Creating nothing by creating something without creating anything könnte zugleich als Motto für sein Werk stehen.

Obwohl seine Werke eher an unser kognitives Vermögen als an unsere Sinnesempfindungen appellieren, spielt für Sixay das Material eine wichtige Rolle, indem der Werkstoff selbst zum Sinnträger seiner Kunst wird. Die abstrakten Strukturen und Begriffe aus den Bereichen der Ökonomie, Philosophie und Soziologie werden in seinen Werken sichtbar und erwerben dadurch eine "gute Form". Die Werkstoffe sind auf den ersten Blick direkt der "profanen" Alltagswelt entnommen: Trinkhalme, TV-Testbilder, PU-Schaum, Kunststoff-Folie, Spanndraht usw. Durch subtile Formgebung dieser Materialien, sowie ein raffiniertes Arrangement greift Sixay die grundsätzlichen philosophischen Fragen und soziologische Ideen in Form eines künstlerischen Paradoxons auf.

Sixay schafft aber nicht nur Objekte, sondern auch raumgreifende Installationen, indem er ganze Galerienräume inszeniert. Sein Durchbruch in der Berliner Kunstwelt, kurz nach Abschluss seines Studiums an der Städelschule 2002, gelang ihm mit der Installation I am prepared for you: Der Künstler füllte den Galerienraum mit 150 Kilo Konfetti (was seinem damaligen Körpergewicht entsprach) und bespritzte die Wände mit dem Inhalt von 18 Coca-Cola Dosen.

Die Sensor-Ausstellung präsentiert Werke von Markus Sixay, die von 2002 bis 2005 entstanden sind. Die vermeintlichen Objets trouvés legen die Strukturen und Prozesse der Wirklichkeit offen und schaffen dadurch einen Kommentar zu den Phänomenen unserer Zeit.

Durch ihren Readymade-Charakter weisen die Objekte einen performativen Aspekt auf. Die bewusste und aktive schöpferische Mitwirkung des Betrachters am kreativen Akt wird benötigt, um sie zu entziffern – ganz im Sinne von Marcel Duchamp, der meinte, dass das Kunstwerk erst durch den Betrachter vollendet wird. Es hängt letzten Endes von uns ab, ob wir uns auf die Denkanregung des Künstlers einlassen und die Werke realisieren.

Sensor. Zeitraum für junge Positionen
Werke aus der Sammlung FER
18. Januar bis 4. März 2012