Schnittstellen zwischen Phantasie und Realität

Der Fotograf Erich Dapunt ist bisher im wesentlichen mit schwarzweiß gehaltenen Bildern von Landschaften, Naturdetails oder sensiblen Stadtansichten hervorgetreten, die immer etwas Zeitloses haben. Jetzt überrascht er mit einem für ihn neuen, sehr zeitbezogenen Ansatz: mit Farbfotografien, die er in den Jahren 2005 bis 2007 anlässlich dreier New York-Reisen in Manhattan gemacht hat - zu sehen vom 28. November bis 22. Dezember 07 in der Bozner Galerie Foto-Forum.

Zum Teil hat er dabei übrigens mit zeitlichem Abstand dasselbe Sujet mehrfach fotografiert (z.B. das New Yorker Aquarium). Vielleicht ist es gerade die Distanz seiner bisherigen Arbeit vom neuen Gegenstand, die ihn gegen die Versuchung gefeit hat, bei den Motiven anzusetzen, welche die Stadt in unserer kollektiven Vorstellung am meisten charakterisieren. Vielleicht war der Liebhaber von einsamer Natur, der Dapunt ist, weniger für die verführerischen Stadtbilder empfänglich. Um es gleich zu sagen: Mit seiner New York-Serie ist Dapunt etwas gelungen, was man so noch nicht gesehen hat.

Er setzt – wie zahlreiche große Fotografen der Moderne – einfach bei dem an, was vor aller Augen liegt. Es ist der Blick des Fotografen, der das Besondere sichtbar zu machen imstande ist. Erich Dapunt gelingt es, die Betrachter seiner Bilder in Perspektiven hineinzuziehen, welche diese selbst nie eingenommen haben. Die Stärke der Bilder Dapunts resultiert daraus, dass er sich nicht ganz New York vornimmt, sondern sich auf einen bestimmten Aspekt beschränkt und diesen vertieft.

Hier entsteht dann der Unterschied. Was Dapunt bei seinen New York-Besuchen visuell am meisten anregte und wo er noch ein unbearbeitetes Territorium ahnte, waren die Megaplakate, wie sie nur Metropolen hervorbringen. Also nicht stattliche 3 x 6 Meter-Formate, sondern Billboards, die in der Höhe gleich über 7-8 Stockwerke gehen und 15-20 Meter breit sind. Werbungen, die sich nur große Unternehmen leisten können wie etwa Sean John oder Verizon, in Europa vielleicht weniger bekannt, in den USA Giganten. Was Dapunt interessiert, sind nun nicht die Plakate selbst, sondern die Schnittstellen zwischen diesen Riesenbildern und der Realität, die sich zu ihren Füßen oder an ihren Rändern abspielt.

Dapunt setzt diese beiden Bereiche – die raffiniert konstruierten Bilder der Mode, die konsumsteuernde Lebensgefühle suggerieren, und die absolut unsensationelle Abbildung des städtischen Alltags – auf eine Weise in ein Verhältnis, die man nur als spannend bezeichnen kann. Dapunt bearbeitet die Bilder nicht über das übliche Ausmaß hinaus, er verzichtet auf Effekte, er bedient sich nicht der Möglichkeiten der digitalen Fotografie; seine Bilder sind technisch sauber und klar; in diesem Sinn sind seine Bilder vielleicht konservativ. Sie weisen in der Verwendung der Mittel und in ihrer Thematik die Einfachheit auf, die wirklich guten Arbeiten oft eigen ist.


Erich Dapunt - Reality & Fiction
28. November bis 22. Dezember 2007