Sammlung Goetz zeigt Arbeiten von Paweł Althamer

Die Sammlung Goetz zeigt aus ihrem Bestand Werke des polnischen Künstlers Paweł Althamer. Beinahe alle seine Ausstellungen wurden in den vergangenen Jahren als prozessuale Projekte als Zusammenarbeit des Künstlers mit verschiedenen Gruppen konzipiert oder konzentrierten sich auf neue Werkgruppen. Die Ausstellung der Sammlung Goetz ermöglicht es nun erstmals, das Werk des Künstlers unter einem retrospektiven Aspekt im Zusammenhang vorzustellen.

Das Spektrum der Arbeiten beginnt mit der Videoprojektion seiner Performance "Cardinal" (1991), die er noch als Studierender an der Warschauer Akademie der Bildenden Künste in der Klasse für Skulptur von Grzegorz Kowalski realisierte, zu dessen Schülern auch Artur Żmijewski, der künstlerische Leiter der diesjährigen Berlin Biennale, gehörte. Mit der Installation "Einstein Class" (2005), die erstmals in Berlin-Treptow in der Archenhold-Sternwarte gezeigt wurde und gemeinsam mit polnischen Schülern in Warschau entstand, spannt sich der Bogen zu den kollaborativen Projekten des Künstlers.

Aus dieser Zusammenarbeit entwickelte sich auch die Skulptur, die einen Obdachlosen aus Warschau darstellt, "Guma" (2008). Seit Mitte der 1990er-Jahre gibt der Künstler wöchentlich in einem Rehabilitationszentrum einen Keramikkurs für Pfleger, mental Erkrankte und Menschen, die an multipler Sklerose leiden. Von Pawel Althamer ermutigt, selbst als Künstlerkollektiv aufzutreten, hat sich die Gruppierung in wechselnder Besetzung den Namen "Nowolipie Group" gegeben, nach dem Namen der Straße, in dem das Zentrum liegt. "Skulls" (2007) ist eines der Werke dieser Gruppe.

Mit fünf Nachbarn und Freunden aus Bródno, einem Vorstadtviertel in Warschau mit großen Wohnsilos, in dem auch der Künstler aufwuchs, entstand in Anlehnung an Auguste Rodins Bürger von Calais die fünfteilige Figurengruppe "Bródno People" (2010), die im selben Jahr auf der Gwangju Biennale gezeigt wurde. Mit "RAFAŁ" (2010) ist eine der ersten Figuren, die aus der Zusammenarbeit mit Arbeitern der Kunststofffabrik seines Vaters in Almech entstand, ausgestellt. Es ist der Auftakt einer gemeinsamen Zusammenarbeit, die mit der Ausstellung 2012/13 in der Deutschen Guggenheim in Berlin unter dem Titel "Almech" fortgeführt wurde.

Das "Self-portrait (2006) als Embryo" und als "Abram and Burus" (2007), das aus der Erfahrung einer Hypnose entstammt, in der sich der Künstler als kleiner Junge mit Hund im jüdischen Ghetto erlebte, sowie die "Balloon Sketches" (2007) für das überlebensgroße Selbstporträt als riesiger schwebender Ballon sind Beispiele für eines der zentralen Themen Althamers – die verschiedenen Visionen und Vorstellungen vom Selbst. Zu diesen Werken gehören auch die Porträts seiner Frau, etwa in der großen Studioszene als klassischer Akt "Matea" (2006/2008) oder als schwangere "Matejka with Son" (2006).

Parallel zur Ausstellung in der Sammlung Goetz wird das Museion in Bozen die Werkgruppe "Almech" vom 26. Mai bis 26. August 2012 zeigen. Beide Ausstellungsorte werden von Althamer in einer Performance miteinander verknüpft – "Common Task" nennt sich das Langzeitprojekt des Künstlers. Freunde und Nachbarn besuchen in futuristisch anmutender Kleidung in Gold, die Althamer entworfen hat, verschiedene Länder und Orte. Ein ebenfalls vom Künstler gestalteter Reisebus wird diese "Reisegruppe von einem anderen Stern" von Warschau in die Galleria Civica di Arte Contemporanea ins italienische Trento bringen, von dort weiter nach Bozen für den Besuch des Museion und zum Abschluss nach München zur Sammlung Goetz.

Paweł Althamer (* 1967 in Warschau, Polen) lebt und arbeitet in Warschau. Er studierte dort von 1988 bis 1993 Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste. Ihm wurden in den 1990er-Jahren mehrere Einzelausstellungen in Polen gewidmet. Seit dem Jahr 2000 wurde der Künstler auch international gezeigt, z. B. 2001 im Museum of Contemporary Art in Chicago, 2006 im Centre Pompidou in Paris, 2007 in der Fondazione Nicola Trussardi in Mailand und 2011 in der Deutschen Guggenheim in Berlin. Althamer war zudem 1997 Teilnehmer der documenta X in Kassel und 2007 der Skulptur Projekte Münster. 2004 wurde er mit dem Vincent van Gogh Biennial Award for Contemporary Art in Europe und 2010 mit dem Aachener Kunstpreis ausgezeichnet. Auf der diesjährigen Berlin Biennale ist er mit zwei Projekten vertreten.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog (dt./engl.) im Hatje Cantz Verlag mit Essays von Rainald Schumacher, Karol Sienkiewicz, Stach Szabłowski sowie einem Werkverzeichnis von Katharina Vossenkuhl: Paweł Althamer, hrsg. von Ingvild Goetz, Rainald Schumacher und Larissa Michelberger.

Paweł Althamer
29. Mai bis 6. Oktober 2012