Rudy Burckhardt. New York/Maine

Die erste große Ausstellung des schweizerisch-amerikanischen Fotografen und Filmemachers Rudy Burckhardt in Österreich ist unter dem Titel "New York/Maine" als Retrospektive aufgebaut und stellt eine Referenz zu jenen beiden Orten dar, an denen der Großteil seines Werkes entstanden ist. Rudy Burckhardts OEuvre wird parallel zur Ausstellung "Alex Katz. New York/Maine" gezeigt.

Beide Künstler verband nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch ihr Interesse an der Metropole New York mit ihrer charakteristischen Stadtlandschaft sowie der idyllischen Landschaft des US-Bundesstaates Maine. Beide wandten ähnliche Methoden an, das scheinbar Alltägliche in ihren jeweiligen Medien zu thematisieren.

Rudolph (Rudy) Burckhardt (1914-1999) entstammt einer bekannten Basler Familie von Seidenbandfabrikanten. Schon als Teenager begann er sich mit Fotografie auseinanderzusetzen und sein Umfeld fotografisch festzuhalten. 1933 brach er ein in London begonnenes Medizinstudium nach wenigen Wochen ab, um sich die Stadt über die Fotokamera zu erschließen. Im Alter von 21 Jahren lernte Burckhardt in Basel den amerikanischen Schriftsteller und Tanzwissenschaftler Edwin Denby (1903-1983) kennen und folgte ihm 1935 in die USA nach New York. Ihre Freundschaft sollte bis zum Tod Denbys andauern.

In New York wurde Burckhardt durch Denby rasch in intellektuelle Zirkel eingeführt, zu denen u.a. Schriftsteller, Tänzer, Künstler und Filmemacher wie Willem und Elaine de Kooning, Larry Rivers, Jane Freilicher, Kurt Weill, Orson Wells, Paul Bowles, Joseph Cornell und nicht zuletzt Alex Katz und dessen Frau Ada gehörten. Zeugnis für die innige Freundschaft mit zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern ist eine Reihe von Porträtfotografien, die unter anderem als Auftragsarbeiten für die Kunstzeitschrift ARTnews und deren Serie "… Paints a Picture" entstanden. Burckhardt verstand es, die Persönlichkeiten in ihrem Arbeitsumfeld perfekt zu charakterisieren.

Menschen spielen in den Fotografien Rudy Burckhardts eine ebenso große Rolle wie Architektur und Landschaft. Zuweilen fungieren diese in ihrem Umfeld nicht nur als Tänzerinnen und Tänzer, sondern wirken auch wie Noten auf einer Partitur. Sein künstlerisches Hauptwerk ist ein jahrzehntelang fortgeführtes Porträtieren der Stadt New York mit all ihren Facetten. Die Bandbreite der Fotografien reicht von vogelperspektivischen Aufnahmen, die das Gefüge von Architektur und Straße widerspiegeln über Straßenfotografien, die das Gewusel der Menschen aus der Froschperspektive auf die Rhythmisierung der Beine konzentrieren, bis hin zu Werbetafeln, die – teils nur angeschnitten – wie eine Fußnote auf das Konsumangebot hinweisen, oder Architekturdetails wie Türlaibungen, Ecksteine aus unterschiedlichen Materialien oder Hydranten.

Ein wichtiges kompositorisches Mittel Rudy Burckhardts ist dabei das Ausloten des richtigen Abstands zwischen überblickender Distanz und unmittelbarer Nähe, das Einfangen eines ganzen Platzes mit den ihn umfassenden Häuserblöcken und Details als Anker in der Hektik der Großstadt. Dies vollführt er mit spielerischer Leichtigkeit und einem neugierigen Blick für Nebensächliches. Er formuliert formale Fragestellungen und lotet mit seinem Hang für Minimalismus immer wieder die Grenze zur Abstraktion aus, indem er die Konturierung des Dargestellten über die Darstellung selbst stellt. Das Sehen per se ist Burckhardts Hauptanliegen – ein dokumentarisches Ansinnen tritt in den Hintergrund; sozial- und gesellschaftskritische, geschweige denn politische Aspekte interessieren ihn nur peripher.

Die Ausstellung "Rudy Burckhardt. New York/Maine" vereint eine Auswahl von rund 190 Fotografien und 16 Filmen, die einen retrospektiv angelegten Blick auf das Schaffen des Künstlers gewähren. Nach einer Retrospektive im IVAM Valencia 1998 und einer Ausstellung im Kunstmuseum Basel 2005 ist dies erst die dritte museale Präsentation des Oeuvres von Rudy Burckhardt in Europa und die erste Präsentation seines Werks parallel zu einer Alex Katz-Ausstellung überhaupt.

Rudy Burckhardt. New York/Maine
16. März bis 7. Juli 2013