The Real Eighties - Das US-Kino der 80er Jahre

Keinen guten Ruf genießt das amerikanische Kino der 1980er Jahre. Nach dem Aufbruch der 70er Jahre begann die Zeit der auf den Markt getrimmten sterilen Hochglanzprodukte und ein von der gesellschaftlichen Stimmung der Reagan-Ära bestimmter Konservativismus. Dass abseits von diesen Trends aber durchaus auch eigenwillige und aufregende Produktionen entstanden, belegt eine Filmreihe, die nach dem Österreischischen Filmmuseum nun vom Filmpodium Zürich gezeigt wird.

Während das US-Kino der 70er Jahre von einem kritischen Blick auf die durch Watergate und Vietnam-Desaster erschütterte Großmacht bestimmt war, folgte in den 80er Jahren eine Gegenbewegung. Die gesellschaftliche Stimmung der Reagan-Ära drückte sich in den Filmen aus. Der US-Präsident propagierte nicht nur eine Politik der Stärke, sondern nannte auch dezidiert das Vorgehen des Titelhelden in "Rambo 2" (1982) als Muster für den Umgang mit Terroristen.

Wie in diesem Kriegsfilm die Niederlage im Vietnamkrieg nach dem Vorbild der deutschen Dolchstoßlegende umgeschrieben wurde und die Schuld an der Niederlage den Politikern in die Schuhe geschoben wurden, die die Soldaten nicht angemessen unterstützten, so feierten andere Filme wie Taylor Hackfords "An Officer and a Gentleman" (1982) oder Tony Scotts "Top Gun" (1986) die amerikanische Armee.

Amerikakritische Filme fielen dagegen beim Publikum durch. Berühmtestes Beispiel dafür ist Michael Ciminos Western "Heavens Gate" (1980). Freie Hand hatte Cimino nach dem oscargerkrönten Vietnam-Film "The Deer Hunter" (1978), episch breit legte er seinen Film über Großfarmer an, die im 19. Jahrhundert einen brutalen Privatkrieg gegen arme osteuropäische Immigranten führten.

Die Produktionskosten stiegen auf damals horrende 44 Millionen Dollar, doch die amerikanische Kritik vernichtete dieses fast vierstündige Mammutwerk, das einen vernichtenden Bild auf die amerikanische Geschichte wirft. "Heaven´s Gate" wurde radikal gekürzt, flopte beim Publikum und stürzte das altehrwürdige Studio United Artist in den Ruin. Auch in Europa waren die Kritiken nicht euphorisch, bis der Film Jahre später in der ursprünglichen Fassung eine wesentlich positivere Neubewertung erfuhr.

Die Zeit des "New Hollywood" endete schon mit den ersten Blockbustern "Der weiße Hai" (1975) und "Star Wars" (1977). Nebenwerke drehten die großen US-Regisseure der 70er Jahre im folgenden Jahrzehnt. Auf seinen wahnwitzig aufgeblasenen, gleichwohl faszinierenden Liebesfilm "One from the Heart" (1982) ließ Coppola unter anderem die Jugendfilme "The Outsiders" (1983) und "Rumble Fish" (1983) oder die Zeitreisekomödie "Peggy Sue Got Married" (1986) folgen, Martin Scorsese drehte kleinere Filme wie "King of Comedy" (1983), die schwarze Komödie "After Midnight" (1985) oder den Billardfilm "The Color of Money" (1986). Ein Meisterwerk gelang freilich dem Hitchcock-Epigonen Brian DePalma mit "Blow Out – Der Tod löscht alle Spuren aus" (1981), für den er sich auch von Antonionis "Blow Up" und Coppolas "The Conversation" inspirieren ließ.

Neue filmische Entwicklungen gab es in den USA in diesem Jahrzehnt vor allem abseits von Hollywood. Der Independent-Film wurde mit Regisseuren wie John Sayles, Jim Jarmusch und Spike Lee zu einer international erfolgreichen Marke. Sayles verdiente sich mit Drehbüchern für kommerzielle Filme wie Joe Dantes "Piranha" (1978) das Geld, um seine persönlichen Werke zu realisieren. Mit "Lianna" (1981) schuf er einen der ersten amerikanischen Filme, die explizit von lesbischer Liebe erzählten, mit dem Jugendfilm "Baby It´s You" (1983) und dem Science-Fiction-Film "Brother from Another Planet" (1984 unterlief er die Klischees dieser Genres.

Europäische Geldgeber wie das ZDF ermöglichten dagegen Jim Jarmusch seine lakonischen Roadmovies, in denen er einsame Protagonisten in einer tristen USA auf Glückssuche schickte ("Stranger than Paradise", "Mystery Train"). Spike Lee wiederum wurde mit "She´s Gotta Have It" (1986) und "Do the Right Thing" (1988) zur Galionsfigur des afroamerikanischen Kinos.

In der Filmindustrie ging man dagegen auf Nummer sicher, Wagemut war in dieser Dekade nach dem Desaster von Ciminos "Heaven´s Gate" nicht mehr gefragt: Lieber begann man zu versuchen mit Fortsetzungen einen Erfolg zu wiederholen – ein Trend, der bis heute anhält. "Indiana Jones", "Star Wars" öder "Back to the Future" sind diesbezüglich die erfolgreichsten Beispiele dieses Jahrzehnts.

Gleichzeitig begann in dieser Zeit auch das von Werbe- und Musikclips beeinflusste Hochglanzkino. "Top Gun" gehört ebenso dazu wie die Tanzfilme von "Flashdance" (1983) über "Footloose" (1984) bis "Dirty Dancing" (1987) oder Jim McBrides "Außer Atem"-Remake "Breathless" (1983). Trendsetter war auch eine Fernsehserie wie Michael Manns "Miami Vice" (1984-89), doch Paul Schrader bewies mit seinem "American Gigolo" (1980) auch, dass man diese glänzende Oberfläche nützen kann, um mit dem Materialismus abzurechnen.

Ein Gegenpol zu diesen Filmen stellen die düsteren Zukunftsvisionen dar, die Ridley Scott mit "Blade Runner" (1982), Paul Verhoeven mit "Robocop" (1987), James Cameron mit "Der Terminator" (1984) oder John Carpenter mit seinem fulminanten "Escape from New York – Die Klapperschlange" (1981) vorlegten. Manhattan ist in diesem 1997 spielenden Actionfilm ein Gefängnis, in das der Häftling Kurt Russell geschickt wird, um eine schier unmögliche Mission zu erfüllen. Doch nicht nur die Zukunft ist im US-Kino der 80er Jahre düster und schmutzig, sondern auch die Gegenwart.

Auf eine hässliche Welt blickte das amerikanische Kino damals vor allem in den Polizeifilmen, die in diesem Jahrzehnt eine Hochkonjunktur erlebten. Den Korruptionssumpf der New Yorker Polizei schilderte Sidney Lumet in seinem packenden Drama "Prince of the City" (1981), während William Friedkin das gleiche Thema in seinem furiosen Actionfilm "To Live and Die in L.A." (1985) vor kalifornischem Hintergrund ansprach, und Jim McBride in seinem stylischen "The Big Easy" (1987) in New Orleans. Dennis Hopper zeigte dagegen in "Colors – Farben der Gewalt" (1988) die Hilflosigkeit der Polizei gegenüber einem eskalierenden Bandenkrieg in L.A.

Die Filmreihe spürt aber auch der amerikanischen Komödie der 1980er Jahre nach, die sich nicht auf anarchische Genre-Parodien wie Jim Abrahams, David und Jerry Zuckers "Airplane! - Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" (1980) und Teenie-Klamauk reduzieren lässt, sondern auch John Hughes jugendkulturelle Sittenporträts "The Breakfast Club" (1985) und "Ferris Bueller´s Day Off – Ferris macht blau" (1986) hervorbrachte.

Entsprechend dem zunehmend jugendlicheren Publikums spielte diese Schicht auch immer öfter die Hauptrolle in Filmen, aber auch auf die Unterschicht begann man zu blicken wie Robert Aldrich in seinem Frauenwrestling-Film "...All the Marbles" (1981) oder Bruce Beresford, der in "Tender Mercies" (1983) von einem ausrangierten Countrysänger erzählte. Am düstersten geriet in dieser Hinsicht Dennis Hoppers "Out of the Blue" (1980), in dem quasi als Gegenfilm zu den Freiheitsträumen, die "Easy Rider" entwarf, zutiefst pessimistisch von einer zerrütteten Unterschicht-Familie erzählt wird. - So beweist die Filmreihe, dass das US-Kino der 80er Jahre vielfältiger war als man meinen könnte und lädt zu einer Revision des Bilds dieses Jahrzehnts ein.

Trailer zu "Prince of the City"