Ordnungsgefüge statt Kompositionen

Als der Frankfurter Künstler Peter Roehr (* 1944) bereits 1968 im Alter von nur 23 Jahren stirbt, hinterlässt er ein Oeuvre von großer Geschlossenheit und erkennbarer Rigidität, auf das sich viele Künstler der 1960er und 1970er Jahre beziehen werden. Roehrs eigene Bemühungen und die seiner Freunde, ein Publikum für seine Arbeit zu finden, waren zeitlebens so gut wie gescheitert. Erst nach seinem Tod fand seine Kunst die Öffentlichkeit, die Kunst braucht, um sich zu entfalten. Es entwickelte sich für sein Werk eine Aufnahmefähigkeit und – im Ansatz – jene Anerkennung, die seiner enormen kunsthistorischen Bedeutung gebührt.

In der Sammlung des MMK Museum für Moderne Kunst Frankfurt am Main befinden sich 28 Kunstwerke von Peter Roehr. Seine rund 600 Arbeiten verfolgen ausnahmslos die Idee der seriellen Wiederholung. Aus gefundenem Alltagsmaterial entstehen immer wieder neue Foto-, Text-, Typo-, Objekt-, Ton- und Filmmontagen, die das Konzept der Redundanz ausloten, ohne Gefahr zu laufen selbst redundan zu werden. Dabei verzichtet Roehr sowohl auf eine inhaltliche Aussage, als auch auf eine künstlerische Handschrift.

In seiner konzeptionellen Prägnanz und Konsequenz war Roehrs Werk wegweisend für spätere Vertreter der Konzeptkunst. Das Prinzip der radikalen Serialität findet man in den Folgejahren bei Künstlern wie Hanne Darboven, Bernd und Hilla Becher oder Thomas Bayrle sowie bei den amerikanischen Vertretern der Konzeptkunst und des Minimalismus wie Carl Andre oder On Kawara. Es wird auch in der aktuellen Gegenwartskunst wieder verstärkt aufgegriffen. Dass der gestrenge Formalismus Roehrs aber viel reichhaltiger und erzählfreudiger ist, als er auf den ersten Blick erscheinen mag, zeigt die Ausstellung Peter Roehr – Werke aus Frankfurter Sammlungen.

Peter Roehr wurde zu Kriegsende 1944 in Lauenburg/Pommern als Einzelkind geboren. 1946 zog er mit der Mutter nach Frankfurt am Main, nachdem sich die Eltern getrennt hatten. Nach der Volksschulzeit von 1951 bis 1959 absolvierte er eine Lehre als Leuchtreklame- und Schilderhersteller in Frankfurt am Main. Anschließend studierte er von 1962 bis 1965 an der Werkkunstschule (heute Fachhochschule Wiesbaden) in Wiesbaden, die er 1966 als Meisterschüler in der Malereiklasse abschloss. Als erste Arbeiten entstanden 1962 und 1963 Strukturbilder aus Reiskörnern auf Holz oder quadratischer, mit Kordel umwickelter Pappe (TE-17). 1964 lernte Roehr den für ihn wichtigen Sammler, Förderer und Galeristen Paul Maenz kennen, mit den Frankfurter Künstlern Charlotte Posenenske und Thomas Bayrle verband ihn eine mehrjährige Freundschaft.

Mit Paul Maenz organisierte er in der Studio Galerie der Johann Wolfgang Goethe-Universität im Mai 1967 eine wegweisende Ausstellung unter dem Titel Serielle Formationen. Im Januar 1968 eröffnete er mit Maenz im Frankfurter Holzgraben das 60 m² großes Ladengeschäft Pudding-Exposion, das nach Auskunft seiner beiden Inhaber "Psychodelicatessen mit Hippie-Zubehör" anbot. Es war in Deutschland der erste Laden seiner Art, der von Räucherstäbchen bis zur der Peking-Rundschau ein breites Spektrum politischer, spiritueller und ironischer Artikel offerierte.

Zur Ausstellung erscheint eine umfassende Publikation zum Werk des Künstlers.

Peter Roehr. Werke aus Frankfurter Sammlungen
28. November 2009 bis 7. März 2010