Oh leise Laute

14. Juli 2010 Rosemarie Schmitt
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Kennen Sie John Dowland, den Meister der leisen Laute? Dowland wurde im Jahre 1563 in England geboren. In dem Jahr, da die gesetzliche Sozialunterstützung für Minderbemittelte in London eingeführt wurde. Ein Jahr später wurde auch William Shakespeare diesem Lande geboren. Als John Dowland im Jahre 1626 starb, schied auch die Gattin des Malers Rubens (Isabella Brant) dahin, und der Witwer malte die "Landschaft mit Kühen und Entenjägern" (vielleicht muss man Frau Rubens gekannt haben, um das Motiv zu begreifen). Im Jahre 1577 begann Sir Francis Drake die Welt zu umsegeln, just, als John Dowlands Vater diese für immer verließ. John war damals erst 14.

Er lebte und komponierte zur Zeit der "Elisabethanischen Melancholie". Ein Phänomen jener Epoche, das Ärzte sowie Philosophen zu heilen versuchten. Robert Burton (1577-1640) war ein englischer Schriftsteller, Geistlicher und Gelehrter. Aus seinem Werk "The Anatomy of Melancholy" stammt folgendes Zitat: "Zahlreich und verschieden sind die Mittel, die die Philosophen und Ärzte verschrieben haben, um ein betrübtes Herz aufzuheitern, um abzulenken von jenen komplexen und intensiven Sorgen und Nachdenken, die diese Krankheit so sehr auszeichnen; aber meiner Meinung nach ist nichts so gegenwärtig, nichts so mächtig, nichts so angemessen wie ein starkes Getränk, Fröhlichkeit, Musik und gute Gesellschaft."

Und diese, von Burton empfohlene Musik, konnte nur von John Dowland sein! Und wissen Sie was, es funktioniert auch heute noch. Und dabei ist diese Musik einfach! Einfach nur schön! Doch kennen Sie nicht auch Menschen, die nur glücklich zu sein scheinen, wenn Sie unglücklich sind? Sollte sich bei jenen ein Anflug von Glück und Ausgelassenheit ankündigen, hören sie sich eiligst die CD von John Dowland an, und die ersehnte Melancholie wird sich nach dem zweiten Takt einstellen. Jeder wie er möchte, nicht wahr? John Dowland war, nein ist (!) der Meister der Kompositionen für Laute, für wunderbare leise Lauten-Laute. Er komponierte fast ausschließlich für dieses Saiteninstrument.

Naxos präsentiert uns mit "Burst forth, my tears" eine wunderbare Zusammenstellung von Werken dieses außergewöhnlichen Komponisten. Zwei CD’s mit Titeln, zum Weinen schön! Für mich ist diese Musik weit davon entfernt, Depressionen auszulösen. Im Gegenteil! Es sind wunderbare Melodien zum Entspannen und dem Alltagsstress den Garaus zu machen. Der 1954 in England (wo sonst?) geborene Lautenist Nigel North erweist sich hier nicht nur als ein exzellenter Lautenspieler, sondern als ein Musiker, der sich als Dowland-Kenner erweist. Und das hört man! Er spielt nicht nur vom Blatt, sondern aus tiefstem Herzen. Er versteht sich darauf, Dowland, seine Zeit und seine Kompositionen zu verstehen.

Und diese Zeit ist nicht immer nur traurig gewesen, und sie war mehr als "nur" Greensleeves! Dennoch gehört dieses Lied dorthin, wie die Laute zu Dowland. Nein, es war nicht Dowland, der es komponierte. Dieses Werk wird dem Komponisten Francis Cutting zugeschrieben. Ein englischer Lautenkomponist (er komponierte mitnichten Lauten, sondern Lieder!), ein Zeitgenosse Dowland’s, der von 1563 bis 1603 lebte. Eine Bearbeitung dieses Liedes darf auch auf dieser CD nicht fehlen. Lassen Sie mich an dieser Stelle Sir John Falstaff, den Protagonisten aus Shakespeares "Lustigen Weiber von Windsor" , zitierten:
"Soll der Himmel Kartoffeln regnen! Soll es donnern zur Melodie von Greensleeves!"

Und soll der Himmel Kartoffeln regnen, wenn Sie sich diese Aufnahme entgehen lassen,

wünscht sich leise und herzlichst,
Ihre Rosemarie Schmitt