Özurfa

In der Nähe der südostanatolischen Stadt Urfa, bzw. Sanliurfa steht auf einer Anhöhe ein kleiner Maulbeerbaum, an dessen Ästen Stoffstücke angebunden sind. Es ist ein Wunschbaum, ein dilek agaci, der sich unmittelbar neben einer der ältesten derzeit bekannten Tempelanlagen, dem steinzeitlichen Göbekli Tepe, befindet. Unweit von Urfa liegt zudem der Geburtsort von Yilmaz Güney, der ab den Sechziger Jahren zuerst als Schauspieler, dann als Regisseur zu einer Legende des türkischen Films wurde. Sein wohl bekanntester Film "Yol" spielt in dieser Gegend.

Bei genauerem Blick kann man in Urfa und seiner Umgebung eine regelrechte Lust an Legendenbildung und Mythen feststellen, die von der Gegenwart bis weit in die Menschheitsgeschichte zurück reichen. Jahrhundertelang war die Stadt ein wichtiger Kreuzungspunkt von Handel, Kulturen und Religionen. In der fruchtbaren Gegend zwischen den Oberläufen des Euphrat und Tigris gelegen, sammelten sich diese unterschiedlichen Traditionen in einer äußerst vielfältigen Küche. In zahlreichen Restaurants, die unter Namen wie Urfa Firat, Urfa Döy Döy oder Öz Urfa firmieren, finden diese sich in Deutschland wieder.

Die verzweigten kulturellen Verflechtungen und Mythen Urfas sind die Basis für die Ausstellung "Özurfa", die Matti Braun für den Projektraum des Museum Ludwig entwickelt hat. Die Ausstellung wirft ein erzählerisches Netz aus, das sich den verschiedenen Personen, Orten und Geschichten widmet, die mit Urfa in Zusammenhang stehen. Dabei werden weder kausale Zusammenhänge hergestellt, noch Wahrheitsgehalte eindeutig geklärt. Vielmehr geht es darum die Bedeutung, die diese legendenhaften Ereignisse und mythischen Erzählungen bei aller Widersprüchlichkeit haben, weiter zu verfolgen. "Öz Urfa" heißt soviel wie "echt, authentisch Urfa". In der Ausstellung Özurfa zeigen sich aber auch Fragilitäten und Brüche, die diesem Versprechen des Echten, der kulturellen Identität zugrunde liegen.


Zur Ausstellung erscheint die Publikation "Özurfa".

Özurfa
Ausstellung von Matti Braun
18. April bis 31. August 2008