Object Lessons. Material begreifen in 8 Lektionen

Die Ausstellung erzählt in acht Lektionen die Geschichte des Lernens mit, über und durch Material – in den Wissenschaften und in der Schule, im Handwerk, Handel und Haushalt, im Roman und Film, im Archiv und Internet. Ausgangspunkt sind das Buch Lessons on Objects (1830) und die dazugehörige Object Lesson Box: ein kleiner Kasten, der über hundert Materialien enthält – von Gips über Blattgold bis Zucker und Reis – und dazu auffordert, durch Schauen, Anfassen, Riechen oder Schmecken die unterschiedlichen Materialien zu erforschen.

Die Ausstellung "Object Lessons" führt dieses Prinzip weiter, um die Vermittlung von Materialwissen exemplarisch zu zeigen – denn Wissen um Material, seine Herkunft und Verarbeitung ist heute begehrt wie selten zuvor. So wird denn auch in der achten Lektion das Material-Archiv – permanent im Gewerbemuseum Winterthur eingerichtet – als zukunftsweisendes Projekt für Materialbildung vorgestellt. Vom Berliner Werkbundarchiv – Museum der Dinge konzipiert, lässt nun "Object Lessons" auch das Schweizer Publikum erfahren, wie aktuell Materialbildung schon immer war, warum sie verloren ging und wie sie morgen aussehen kann.

Wer Kerzen aus Fett und Schreibfedern aus Fischgräten machen kann, überlebt im Kerker. Wer sich mit der Verbindung von Blut und Zitronensaft auskennt, entfernt hartnäckige Flecken. Wer Abfallstoffe wiederverwertet, kann aus Altem Neues schaffen. Wer weiss, warum Polylactid nachhaltiger ist als Polyethylen, kann die Welt verändern.

Wissen um Material, seine Herkunft und Verarbeitung ist heute begehrt wie selten zuvor und erscheint dennoch – im Zuge fortschreitender Industrialisierung, Globalisierung und Digitalisierung – immer spezialisierter und ungreifbarer. Wollen wir etwas über Material wissen, lesen wir Verpackungsrückseiten und Testberichte oder installieren Apps, die uns die verschiedenen Inhaltsstoffe von Waren entschlüsseln. Grundsätzlich gilt, dass die so erlangten Einsichten nur produktbezogen sind. Wie wird nun ein expertengebundenes Materialwissen wieder zum Allgemeinwissen? Wie wird Vermittlung über Material gestaltet und wo findet sie statt?

Schaut man genauer hin, gab es bereits im 18. Jahrhundert ein explizites Lernen mit, über und durch Material. Eine "Materialbildung" also, die sich in der Pädagogik und der Wissenschaft, in Handwerk, Handel und Haushalt, aber auch in der Populärkultur manifestierte. Ihre faszinierende Geschichte wird anhand aussergewöhnlicher Objekte und Materialien veranschaulicht. Von Baumbüchern, Schlackenschotter, Korkstoppeln, Muschelseide, Hasennudeln, Wolkenleder und Bioplastik über die frühesten DIY-Ratgeber bis hin zum ersten digitalen Materialarchiv zeigt die Ausstellung, wie aktuell Materialbildung schon immer war, warum sie verloren ging und wie sie morgen aussehen könnte.

Im Zentrum der Präsentation stehen ein Buch und ein kleiner Kasten, der über hundert Materialien enthält – von Gips über Blattgold bis Zucker und Reis. Die Publikation "Lessons on Objects" (1830) und die dazugehörige "Object Lesson Box" sind das tastbare Erbe der Geschwister Charles und Elizabeth Mayo, die den Anschauungsunterricht des Schweizer Reformpädagogen Johann Pestalozzi in ein eigenes, verbindliches Konzept überführten, um es in ihrer Schule im Süden Londons anzuwenden. Das Buch enthält beispielhafte Dialoge, in denen Kinder aufgefordert werden, durch Schauen, Anfassen, Riechen, Schmecken die unterschiedlichen Materialien im Kasten zu erforschen.

So werden über die Eigenschaften der Dinge hinaus auch Kenntnisse zu Sprache, Landeskunde, Geschichte und Naturwissenschaften vermittelt. Die Ausstellung nimmt das dialogische Prinzip der Object Lessons als Basis, um die Vermittlung von Materialwissen in insgesamt acht Lektionen exemplarisch zu zeigen, die anhand einprägsamer und markanter Exponate auf die Diversität der Materialbildung aufmerksam machen und ihre vergessene Geschichte erzählen. Eine Ausstellung des Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin


Object Lessons
Material begreifen in 8 Lektionen
9. April bis 1. Oktober 2017
Vernissage: Sa 8. April 17, 16 Uhr