Nullpunkt aller Orte

Mit der Reihe "Junge Sammlungen" beginnt die Weserburg 2014 ein neues Ausstellungsformat. Zweimal jährlich werden Kunstwerke aus einer jungen, bislang noch nicht in dieser Form an die Öffentlichkeit getretenen Privatsammlung gezeigt. Das Museum ermöglicht so seinen Besuchern die Teilhabe an ganz aktuellen Tendenzen internationaler Kunst und ihrem komplexen Gegenwartsbezug.

Für die Weserburg garantieren diese im Entstehen begriffenen Sammlungen eine spannende Einsicht in das, was jüngere Generationen bewegt. Zugleich verschafft sie sich als "Sammlermuseum" ein neues Profil für die eigene Zukunft und ihr Weiterbestehen.

In dieser Ausstellung wird eine junge Hamburger Privatsammlung zum ersten Mal einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Es handelt sich um Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die vornehmlich derselben Generation angehören wie auch das Sammlerehepaar selbst. Auf diese Übereinstimmung legen Dominic und Cordula Sohst-Brennenstuhl großen Wert. Das, was die beiden in der Kunst zu entdecken vermögen, hat Bezug zu ihrem eigenen Denken, ihren eigenen Wahrnehmungen, Fragestellungen und Erkenntnissen. Wenn man in diesem Sinne Gegenwartskunst als "Kunst unserer Zeit" verstehen möchte, ist das, was die beiden an künstlerischen Äußerungen bewegt, fasziniert und zugleich Rätsel aufgibt, zu vergleichen mit einer besonderen, höchst gegenwärtigen und differenzierten Zeit- und Gegenwartserfahrung.

Was Kunst allerdings vom Alltag der Gegenwart unterscheidet, zeigt sich auch hier: Es geht nicht um Bestätigung, Abbildung, schlichte Parallelität oder um den plakativen Kontrast von Kunst und Leben, sondern um Kommentierung, Bewusstmachung, Infragestellung und Kritik der Alltagserfahrungen und letztlich der Verhältnisse, in denen sie stattfinden. In diesem Sinne aber weist Kunst auch immer wieder über das Alltägliche hinaus, lässt es in anderem Licht erscheinen und neu überdenken. Diese spannende Fähigkeit der Kunst und die mit ihr verbundenen Erfahrungen betreffen sowohl den Bereich des Privaten, als auch denjenigen des Sozialen und des Gesellschaftlichen. Es ist durchaus ein wichtiger Impuls für Dominic und Cordula Sohst-Brennenstuhl, Kunst in engagierter Weise zu einem Bestandteil ihres Lebens zu machen und sich tagtäglich mit ihr zu umgeben.

Die Ausstellung zeigt Werke aus der Hamburger Sammlung zum ersten Mal in einem musealen Zusammenhang, was sich auch für das Sammlerpaar nicht nur als spannend darstellt, sondern einem Experiment gleicht. Wie die genreübergreifenden Arbeiten in der Weserburg untereinander in Beziehung stehen, welche ästhetischen Erfahrungen durch sie bei den interessierten Museumsbesuchern möglich, welche Diskussionen sie auslösen werden, ist das eigentlich Spannende, Überraschende und damit Bestandteil und Kern dieser Ausstellung. Peter Friese

KünstlerInnen: Thomas Baldischwyler, Michael Conrads, Jenny Feldmann, Volker Hüller, Florian Hüttner, Till Krause, Alicja Kwade, Rupprecht Matthies, Monika Michalko, Timo Nasseri, Howda Tawakol, Malte Urbschat, Jorinde Voigt, Ralf Weißleder u.a.

Nullpunkt aller Orte
Sammlung Dominic und Cordula Sohst-Brennenstuhl
29. März bis 14. September 2014