Nord Stream 2 endlich komplett

4. November 2019 Kurt Bracharz
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Seit die Russen Erdgas nach Deutschland liefern, haben vor allem die USA versucht, diesen Handel zu verhindern. Die ersten Lieferungen waren wichtig für die Ostpolitik Willy Brandts, weil sie inmitten den Kalten-Kriegs-Klimas verlässliche Handelsbeziehungen zwischen offiziell verfeindeten Staaten schufen. Ronald Reagan wollte die Europäer zu einer amerikanisch-europäischen Energiepartnerschaft überreden, biss damit aber auf Granit, denn das russische Erdgas war immer schon billiger als die US-Lieferungen, auch heute, da die Amerikaner mit aller Gewalt ihr durch Fracking gewonnenes Gas verkaufen wollen, das allerdings erst in Form von LNG-Gas auf Tankschiffe verladen und dann in europäischen Häfen an speziellen, derzeit nicht ausgelasteten und vom Steuerzahler finanzierten Terminals angelandet werden müsste. Russisches Gas wird einfach per Pipeline geliefert.

Der Streit um Nord Stream 2 hat sich nun verschärft. Der Bau dieser zwei neuen Röhren, die weitgehend entlang der bereits bestehenden Nord Stream Pipeline verlaufen, wurde 2018 begonnen und kann jetzt mit der Verlegung der noch fehlenden 290 km Röhren abgeschlossen werden, nachdem Dänemark zwei Alternativroutinen zugestimmt hat. Die Trasse hätte ursprünglich neben der älteren Nord Stream 1 durch dänische Hoheitsgewässer führen sollen. Die europäische Gegnerschaft der Polen und Balten einerseits und die Sanktionsdrohungen der Amerikaner andererseits haben die Dänen zu einer Verlegenheitslösung veranlasst: die neuen Alternativrouten kreuzen nur die dänische Wirtschaftszone, in der internationales Seerecht gilt.

Im März forderten 39 US-Senatoren den Präsidenten auf, „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln“ gegen Nord Stream 2 vorzugehen und Sanktionen gegen die Betreiberfirma und deren internationale Partner (in Österreich die OMV) zu verhängen. Da in Europa den USA zumindest derzeit nur demokratische Mittel zur Verfügung stehen, musste sich Trump mit Tweets wie „Pipeline-Dollars an Russland sich nicht akzeptabel!“ begnügen. Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenelle, schrieb im Januar 2019 an verschiedene beteiligte Konzerne: „Wir betonen weiterhin, dass Firmen, die sich im russischen Energieexport-Sektor engagieren, sich an etwas beteiligen, das mit einem erheblichen Sanktionsrisiko verbunden ist“, und „im Ergebnis untergraben Firmen, die den Bau beiden Pipelines unterstützen, aktiv die Sicherheit der Ukraine und Europas.“ Das kam in Deutschland nicht gut an. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie, Klaus Ernst, konterte: „Wir brauchen dringend eine europäische Strategie, wie wir uns gegen die völkerrechtswidrige Politik der USA wehren. Eine Möglichkeit wäre, eine Alternativwährung zum US-Dollar als einzigem internationalen Zahlungsmittel zu etablieren. Es wäre ein Unding, wenn wir uns von den USA diktieren lassen würden, wie und wo wir uns mit Energie versorgen.“