Neueinrichtung Sammlung Islamische Kunst im MKG

Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) stellt im April 2015 seine Sammlung islamischer Kunst auf erweiterter Fläche in neuer Konzeption vor. Vor dem Hintergrund des zunehmenden öffentlichen Interesses an muslimischen Kulturen will die Neueinrichtung den Islam als kulturelle Größe und Weltreligion in seiner historischen, geografischen, sozialen und politischen Vielfalt erfahrbar machen.

Die Präsentation nimmt, wie auch zuvor in den neu gestalteten Sammlungsbereichen Buddhismus, Christentum und Judentum, zentrale Aspekte in den Blick, die diese über 14 Jahrhunderte gewachsene Kultur auszeichnen: Die große Vielfalt islamischer Kulturen, die Wechselwirkungen und der Wissenstransfer mit dem alten Orient, den ostasiatischen und europäischen Kulturen, die Bedeutung der Religion für die künstlerische Produktion. Ergänzt werden diese Themen durch die Arbeiten zeitgenössischer Künstler, die sich mit dem Islam auseinandersetzen. Zu sehen sind rund 250 Objekte wie Architekturteile, Fliesenfelder, Keramik, Teppiche, Stoffe mit Metallbroschur, Buchkunst, tauschierte Metallgefäße, Filme und Graphic Novels.

Durch den Handel, den intellektuellen Austausch und historische Eroberungsbewegungen haben die verschiedenen Länder zahlreiche Einflüsse aufgenommen und weiterentwickelt. Händler, die entlang der Seidenstraße und auf dem Seeweg reisen, tragen das Wissen der Künstler und Kunsthandwerker weiter. China spielt beispielsweise für die Entwicklung der islamischen Keramik seit dem 8. Jahrhundert als Inspirationsquelle eine entscheidende Rolle. Auch die Eroberung weiter Teile der islamischen Länder durch die Mongolen im 13. und 14. Jahrhundert hinterlässt deutliche Spuren. Die Architektur des Orients, seine Teppiche, das kostbar schimmernde Gerät und der geometrisch abstrakte Dekor lösen wiederum die höchste Bewunderung bei den christlichen Reisenden und Regenten aus. Auch die Techniken, die muslimische Töpfer erfanden, wurden in Europa geschätzt und nachgeahmt.

Ausgehend vom Koran gilt die Schrift als göttliche Erfindung. Daher haben die Schrift, aber auch das Ornament und die symbolische Darstellung des Göttlichen zentrale Aufmerksamkeit. Die figürliche Darstellung im religiösen Zusammenhang gilt als Nachahmung des Schöpfergottes und wird abgelehnt. Im weltlichen Bereich dagegen wird die poetische Erzählung sehr wohl durch Figuren und Bilder dargestellt. Ein herausragendes Beispiel dafür ist ein persischer Teppich mit Tieren und Spiralranken aus dem 16. Jahrhundert. Der neu restaurierte Teppich wird erstmalig in seiner ursprünglichen Größe von fast sechs Metern Länge ausgestellt.

Die Ausstellung zeigt außerdem das Ornament in seiner typisch islamischen Ausprägung als Arabeske und unendlich fortsetzbaren Dekor, der nicht bloßer Schmuck ist, sondern aus islamischer Sicht auf das Paradies verweist. Die große Bedeutung der Schrift äußert sich etwa im Koran, auf Keramiken und in Gedichtbüchern. Elemente der islamischen Religion finden sich auch im jüdischen und christlichen Zusammenhang. So wurde etwa in Spanien im 16. Jahrhundert ein Gewandstoff, der mit dem Schriftzug Allah durchwirkt ist, spä-ter im christlichen Zusammenhang genutzt. Auch die in muslimischen Kulturen entstandenen Aquamanile in Tierform wurden in Europa zum Händewaschen im weltlichen und christlichen Kontext verwendet.

In der sich früh entwickelnden islamischen Wissenschaft steht auch die Erforschung der göttlichen Schöpfung im Dienst der Religion. Ein Astrolabium etwa wurde als multifunktionales Messgerät dazu verwendet, um die Gebetsrichtung nach Mekka auszurechnen. Als Grundlage für ihre Forschungen orientierten sich islamische Gehrte unter anderem an antikem Wissen. Bedeutende wissenschaftliche Texte aus dieser Zeit sind heute nur durch die arabischen Übersetzungen überliefert.

Ausgewählte Erzählungen aus dem islamischen Kulturraum ergänzen den Parcours der historischen Werke um moderne künstlerische Ausdrucksformen. In zeitgenössischen Medien wie dem Animationsfilm oder der Graphic Novel werden überlieferte Geschichten wie "Die Konferenz der Vögel" – ein bedeutendes Werk der persischen Mystik aus dem 12. Jahrhundert – wie auch aktuelle Themen verhandelt. Unter anderem erzählt die libanesische Comic-Autorin Zeina Abirached in Anlehnung an die traditionelle Bildsprache der islamischen Kunst von ihrem familiären Alltag während des Bürgerkriegs. Die zeitgenössischen Positionen ermöglichen eine facettenreiche Perspektive auf den Umgang mit dem kulturellen Erbe und illustrieren die teils kontroverse Auseinandersetzung mit aktuellen Diskursen.


Neueinrichtung Sammlung Islamische Kunst
12. April bis 31. Dezember 2015