Museum der Moderne Salzburg zeigt Sammlung Sigg

Die große Sommerausstellung des MdM Salzburg zeigt in themenbezogenen Kapiteln einen breit angelegten repräsentativen Querschnitt der Sammlung des Schweizers Uli Sigg. Beginnend mit Werken im Stil des von der KP Chinas verordneten Sozialistischen Realismus unter der Mao-Ära, bietet die Schau in einmaliger Weise einen Gang durch die Entwicklung der chinesischen Kunst der letzten dreißig Jahre bis hin zu aktuellsten Positionen.

Frei nach dem Motto von Mahjong, dem traditionellen Spiel der Kombinationsmöglichkeiten, wurde die Werkauswahl aus der Sammlung Sigg auf die Räumlichkeiten des MdM Salzburg hin adaptiert: Werke, die innerhalb der chinesischen Kulturszene zu den Ikonen der chinesischen Gegenwartskunst zählen sind ebenso vertreten, wie etliche neue Arbeiten, die noch nie zuvor öffentlich ausgestellt waren.

Eigens für den Standort des Museum am Mönchsberg hat der Künstler Chu Yun eine Außeninstallation entwickelt. Insgesamt werden an die 300 Arbeiten von über 100 KünstlerInnen zu sehen sein, darunter Ai Wei Wei, Fang Lijun, Xiaogang Zhang, Yin Xiuzhen, Yue Min Jun. Luo Brothers, Chang Xugong, Wang Guangyi, Liu Ye, Xie Nanxing, Wang Keping, Zhang Xiaogang, Qiu Shihua, u.v.a.

Mahjong ist der Name des chinesischen National-Brettspiels. Sein Ursprung soll bis in die Ming-Dynastie zurückreichen. Die Aufgabe besteht darin, die besten Kombinationsmöglichkeiten der in 144 Kategorien unterteilten Steine des Spiels zu erkennen. Mahjong ist so die perfekte Metapher für eine Ausstellung, die die Sammlung in ihren Schwerpunkten, aber auch in einem charakteristischen Querschnitt zeigt.

Uli Sigg, ehemaliger Schweizer Botschafter in China, seit den späten 1970er Jahren mit China und seiner Kultur bestens vertraut, gilt heute weltweit als einer der renommiertesten Kenner und Sammler chinesischer Gegenwartskunst. Seit Mitte der 1990er Jahre sammeln er und seine Frau Rita ausschließlich chinesische Kunst. Immer weiter in künstlerisches Neuland vordringend, pflegte das Sammlerehepaar über die Jahre hin kontinuierlichen und engen Kontakt zu chinesischen Künstlern: ein bedeutender Erfolgsfaktor für eine der weltweit umfangreichsten und bedeutendsten Kollektionen chinesischer Kunst. Hatten die Siggs zunächst nur aktuelle Arbeiten erworben, dehnten sie ihre Sammlertätigkeit bald auf historische Werke der Avantgarde aus. So enthält die Sammlung Sigg markante Arbeiten aus den späten 1970er, 1980er und frühen 1990er Jahren, mit teils ikonografischem Wert zu allen wichtigen Positionen chinesischer Gegenwartskunst.

Die Präsentation der Werke im MdM Mönchsberg folgt themenbezogenen Kapiteln, die in den späten 1970er Jahren ihren chronologischen Anfang nehmen. Darauffolgend die 1980er Jahre, geprägt von einem ungeheuren Aufbruch in der chinesischen Kunstszene: Inhalt und Form der staatlich verordneten Ästhetik werden in der künstlerischen Darstellung mehr und mehr überwunden, gleichzeitig parodiert. Chinas junge Kunstschaffende machen sich die aktuellen Kulturtechniken des Westens unverzüglich und mit ungeheurem Tempo zueigen. Im Rezipieren und Entwickeln von neuen Techniken und Stilmitteln werden Inhalte doch auch auf sehr kulturspezifische Weise verarbeitet. Spuren von Verwurzelung in der chinesischen Tradition sind durchaus ablesbar.

Viele Themen der zeitgenössischen Kunst Chinas sind eng verbunden mit den enormen sozialen und ökonomischen Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte. Yue Min Jun, der mit der Figur seines grinsenden Mannes international bekannt wurde, ist eine der Schlüsselfiguren des Zynischen Realismus, eines künstlerischen Stils, der in Reaktion auf die dramatischen Ereignisse 1989 (Tiananmen Platz) entstand. Sein Silly Man, ein Selbstprotrait, tritt in Endlosserie, gemalt oder als bemalte Polyesterfigur auf. Mit der Übersteigerung des Realen ins Modellhafte ironisiert der Künstler so den Konsumzwang der gegenwärtigen chinesischen Gesellschaft und zeigt sie in ihrer Absurdität einer neuen Uniformität.


Der Katalog zur Ausstellung bietet eine hervorragende, sehr ausführliche Einführung in die soziopolitische sowie künstlerische Entwicklung Chinas in den letzten drei Jahrzehnten. Die Ausstellung wurde 2005 im Kunstmuseum Bern und 2006/07 in der Kunsthalle Hamburg gezeigt. In Salzburg werden neueste vom Sammler erworbene Werke einbezogen, die hier das erste Mal einer Öffentlichkeit präsentiert werden.

Mahjong
Chinesische Gegenwartskunst aus der Sammlung Sigg
21. Juli bis 11. November 2007