more Konzeption Conception now

In den 1960ern Jahren entstand eine radikal neue Form künstlerischen Arbeitens, die konzeptuelle Kunst. Ihre künstlerischen Strategien sind bis heute von hoher Attraktivität und bilden immer wieder Bezugspunkte im Schaffen junger zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler. Doch lassen sich die historischen Konzepte und Strategien kaum ungebrochen in die Gegenwart verlängern. Vielmehr birgt die Bezugnahme auf sie zugleich auch die Herausforderung sie zu verändern.

Als 1969 die Ausstellung Konzeption Conception im Museum Morsbroich für einen knappen Monat zu sehen war, stieß die Präsentation bei den Besuchern und Kritikern auf reichlich Widerstand. Die dort gezeigten konzeptuellen Arbeiten von über 40 Künstlerinnen und Künstlern, die der Düsseldorfer Galerist Konrad Fischer ausgewählt und gemeinsam mit dem damaligen Museumsdirektor Rolf Wedewer präsentiert hat, zeigten neue Formen künstlerischen Arbeitens.

Nicht mehr das fertige Original, sondern der Gedanke, die Skizze, die Beschreibung, kurz das Konzept, bildeten den Fokus der Ausstellung. Die Ablösung des klassischen Werkbegriffs durch die Konzeptkunst bereitete nicht nur im Ausstellungsparcours Probleme bei der Präsentation, sondern warf auch auf kunsthistorischer Ebene die Frage nach dem Stellenwert der gezeigten Objekte auf: Es handelte sich um Fotokopien, Akten, Notizen oder Fotografien, die Konzepte schilderten, welche unabhängig von ihrer Realisierung Bestand hatten oder deren mögliche Realisierung sogar Dritten überlassen war.

Für die aktuelle Ausstellung "more Konzeption Conception now" bilden die 1969 in Leverkusen präsentierten Ansätze von Konzeptkunst den Ausgangspunkt. Über 20 junge internationale Künstlerinnen und Künstler setzen sich einerseits in ihren Werken mit der Konzeptkunst der 1960er Jahre auseinander und nehmen andererseits bewusste Veränderungen und Verschiebungen vor, mit denen sie sich gegen damalige konzeptuelle Strategien absetzen. Die Ablehnung einer objektfokussierten Kunstauffassung führte in den 1960er Jahren zu tiefgreifenden Konsequenzen im Hinblick auf die klassische Vorstellung eines künstlerischen Originals und mithin zur Neubewertung der Idee bzw. des Konzeptes und der damit eng verbundenen sprachlichen Komponente der Werke.

In Kenntnis konzeptueller Positionen der 1960er Jahre bedienen sich heutige Künstlerinnen und Künstler gezielt diverser Strategien, wie sie 1969 in Leverkusen präsentiert wurden. Sie bringen aber auch neue Komponenten mit ins Spiel, die Noemi Smolik in ihrem Text zur Ausstellung als "Verunreinigung" des Konzeptuellen bezeichnet – so beispielsweise die Idee des Folkloristischen oder des Alltäglichen. Es geht ihnen also nicht um eine ungebrochene Fortführung der historischen Konzeptkunst, zumal da diese nur "vor dem Hintergrund einer Zeit zu verstehen [ist], in der die radikale Veränderung von Kunst und Gesellschaft einer jungen Generation noch als reale Möglichkeit vor Augen stand".

Die Reflexion konzeptueller Strategien in den Arbeiten der jüngeren Künstlerinnen und Künstler sowie der darin enthaltene "shift" zielen in einer gewandelten Zeit auch auf veränderte Inhalte. Sie generieren eine neue Aktualität und Inhaltlichkeit konzeptueller Ausdrucksmöglichkeiten, so beispielsweise bei Ceal Floyer, die für die Arbeit "Title variable" (2001–2009) ein schwarzes Gummiband über die gesamte Wand hinweg spannt und damit eine Art der Vermessung vornimmt – allerdings paradoxerweise mit einem elastischen Material. Die Arbeit erinnert an die Raumvermessungen von Timm Ulrichs oder von Mel Bochner, der in der Ausstellung von 1969 Linien über die Wände gezogen und die genauen Maße dort vermerkt hatte.


more Konzeption Conception now
1. Februar bis 19. April 2015