Mit "Mondrian. Farbe" präsentiert das Bucerius Kunst Forum vom 1. Februar bis zum 11. Mai 2014 einen der einflussreichsten Maler des 20. Jahrhunderts. Die Schau beleuchtet erstmals die Relevanz der Farbe im Werk Piet Mondrians. Die rund 50 ausgestellten Gemälde verdeutlichen seinen künstlerischen Weg von den erdigen Farbtönen des Frühwerks über die Malerei in Rot und Blau, die aus der Beschäftigung mit der Theosophie hervorging, bis zu den Farbfeldern der Zeit nach 1921.
Die künstlerischen Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts wollten mit den Traditionen brechen. Revolution war das Motto der Stunde. Auch Piet Mondrians (1872–1944) Abstraktion wurde in diesem Zusammenhang gesehen. Seine ungegenständliche Malerei gehört heute zum Kanon der Avantgardekunst. Sie hatte sich von allem befreit, was man bis dahin mit Malerei verband. Doch Mondrians Werk kam nicht durch Revolution zustande, sondern durch Evolution. Behutsam und kontinuierlich arbeitete er daran, sich zu unterscheiden: von seinen Kommilitonen an der Amsterdamer Rijksakademie van beeldende Kunsten ebenso wie von den Vorbildern der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, an denen er sich messen wollte, und den internationalen Positionen des beginnenden 20. Jahrhunderts, gegen die er antreten sollte.
Piet Mondrians Reduktion und Festlegung auf die Farbentrias Rot, Gelb und Blau wurde immer wieder festgestellt, nie jedoch mit den verschiedenen Etappen seiner avantgardistischen Evolution in Beziehung gesetzt. Die Entwicklung und Bedeutung der Farbe in Mondrians Malerei wird mit Mondrian. Farbe nun erstmals in einer Ausstellung untersucht.
Der künstlerische Weg Mondrians war bei aller Nähe zur De Stijl-Bewegung und ihrer Öffnung für Architektur, Typographie und Design in erster Linie Malerei: Ausdruck in Farbe. Farbe war für ihn zunächst ganz in der Tradition Rembrandts das Material der Wirklichkeit. Doch schon in seinen kurz nach 1900 entstandenen Landschaften malte Mondrian das Strahlen der Sonne und das Leuchten des Mondes, um die Farben zu einer neuen Aussage zu führen. Es ging ihm nicht mehr darum, die unbeständige Wirklichkeit im impressionistischen Sinne flüchtig zu registrieren. Sein Ziel war es, die Malerei zu vergeistigen und auf das Wesentliche zurückzubringen. Mondrian fand in Domburg, auf der südlichsten Halbinsel der Niederlande in Zeeland, die Farben des Lichts. Sie erinnern an die mediterranen Töne eines Henri Matisse, entstammen aber dem Licht dieser Küste. Bereits in seinen hier entstandenen Dünenbildern entließ er die Farbe in die Abstraktion.
Bei einem Paris-Aufenthalt 1911 beschäftigte sich Mondrian mit den Werken der Kubisten, die sich inzwischen von den Buntfarben abgewandt hatten. Für eine kurze Werkphase brachte ihn diese Auseinandersetzung von der Farbe ab. Unter dem Eindruck der auf Grautöne reduzierten kubistischen Grisaillen, die er in Paris sah, versicherte sich Mondrian des neuen Stils zunächst mit zeichnerischen Mitteln und erarbeitete sich in diesen Jahren das geometrische Konstrukt, in das nach 1918 auch die Farben wieder zurückkehren sollten. Anfangs klingt in ihnen noch die Farbigkeit der Pariser Hauswände nach: Ocker und Hellblau. Wenig später, von 1921 an, beschloss der Maler, nur noch die Primärfarben Rot, Gelb und Blau zu verwenden, die er in schwarzen Gittern mit Weiß ausbalancierte. Aus der kubistischen Zurückhaltung gegenüber den Buntfarben war bei Mondrian der Verzicht auf Mischfarben hervorgegangen. Auf diese Differenz zum Kubismus baute er seine Neue Gestaltung auf – die Konzentration auf das Gestalten aus der Farbe heraus.
Die von Ortrud Westheider kuratierte Ausstellung Mondrian. Farbe zeigt den Übergang von den dunklen Farben des Frühwerks zu den lichten Farben der Meereslandschaften und Dünenbilder über die Gemälde in den theosophisch konnotierten Farben Rot und Blau. Ein zweiter Teil ist der Entwicklung zu den Gitterbildern gewidmet. Deutlich wird, dass Mondrians Abstraktion nicht nur ein mathematisches Spiel mit Formen war, sondern Ausdruck der Suche nach einer neuen universellen Harmonie. Die Ausstellung umfasst 40 bedeutende Gemälde des Künstlers aus dem Gemeentemuseum Den Haag und rund 10 weitere Leihgaben renommierter Sammlungen aus Europa und den USA, wie der Tate National London, dem Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen, der Fundación Juan March in Madrid oder dem Denver Art Museum.
Der Katalog mit Beiträgen von Susanne Deicher, Franz Kaiser, Monika Wagner, Ortrud Westheider und Michael White erscheint im Hirmer Verlag, München (ca. 216 Seiten mit farbigen Abbildungen aller ausgestellten Werke, EUR 29 in der Ausstellung).
Mondrian. Farbe
1. Februar bis 11. Mai 2014