Max Ophüls mal zwei: Liebelei & Lola Montez

22. November 2018 Walter Gasperi
Bildteil

Der 1957 im Alter von nur 55 Jahren verstorbene Max Ophüls war ein Meister der filmischen Inszenierung. Mit langen, gleitenden Kamerafahrten ließ er den Zuschauer immer wieder in die Welt der untergehenden Habsburgermonarchie eintauchen. Mit der brillanten Schnitzler-Adaption "Liebelei" und seinem letzten Film "Lola Montez" sind in der Edition Filmmuseum zwei Meisterwerke von Ophüls in restaurierter Fassung und mit gewohnt vielfältigen Extras auf einer Doppel-DVD erschienen.

In der Wiener Oper beginnt der 1933 uraufgeführte Schwarzweißfilm "Liebelei", doch man sieht keine Opernszene, hört allerdings "Es lebe die Liebe" aus Mozarts "Die Entführung aus dem Serail". Kontrapunkt dazu bildet am Ende Beethovens 5. Symphonie. Vom Liebesglück zum Tod spannt Ophüls damit den Bogen. Er befreite nicht nur Schnitzlers Drama von der Bühne und ergänzte es durch Szenen und Schauplätze, sondern veränderte auch die männlichen Protagonisten. Aus den Studenten Fritz und Theo machte er Offiziere und übt somit auch scharfe Kritik an der männlichen Militärgesellschaft und ihren Ehrbegriffen.

In der Oper lernen diese jungen Männer die fröhliche Mizzy und die melancholische Christine kennen. Während Fritz und Theo bislang immer nur auf schnelle und kurze Liebeleien aus waren, verlieben sich Mizzy und Christine sofort heftig in diese Offiziere. Weil Fritz auch tiefere Gefühle zu Christine entwickelt, beendet er die Affäre mit einer verheirateten Baronin, doch deren Mann kommt hinter den Ehebruch und fordert Fritz zum Duell.

Während Fritz sich dem Ehrenkodex unterwirft und die Aufforderung annimmt, interveniert Theo bei der Militärführung und protestiert heftig gegen das Duell, wenn er erklärt "Jeder Schuss, der nicht in höchster Notwehr abgegeben wird, ist Mord". Während Theo die Konsequenzen zieht und aus der Armee austritt, stirbt Fritz beim Duell. Aber auch Christine kommt über den Verlust nicht hinweg, nur im Tod können sie vereint sein.

Meisterhaft beschwört Ophüls in bestechenden Schwarzweißbildern und langen Kamerafahrten (Kamera: Franz Planer) die Atmosphäre des Wiens des frühen 20. Jahrhunderts. Den oberflächlichen Liebschaften stellt er die tiefe Liebe der jungen Paare gegenüber, die an absurden gesellschaftlichen Konventionen scheitert. Wie die Musik den Tod von Fritz vorwegnimmt, wenn Christine fürs Vorsingen das Brahmslied "Brüderlein, Schwesterlein" wählt und ihre Stimme dabei bricht, so spart Ophüls andererseits dramatische Ereignisse wie das Duell oder Christines Tod aus.

So hört man nur aus der Ferne einen Schuss, auf den kein zweiter folgt, und man sieht nur das offene Fenster und aus der Vogelperspektive Menschen auf der Straße, die sich offensichtlich um Christine, die sich in den Tod gestürzt hat, scharen.

Noch vor der Premiere von "Liebelei" floh Ophüls vor den Nationalsozialisten zuerst nach Frankreich, dann in die USA. In Deutschland drehte er erstmals wieder 1955, doch die Großproduktion "Lola Montez" sollte sein letzter Film werden.

Die Kamera, die in diesem Film meist in Bewegung ist, folgt in der fulminanten ersten Einstellung dem peitscheschwingenden Stallmeister (Peter Ustinov) durch ein Zirkuszelt. Er kündigt an, dass die skandalumwitterte Geschichte der Tänzerin und Kurtisane Lola Montez mit Pantomime, Akrobaten und lebenden Statuen nacherzählt werden soll, gleichzeitig darf das Publikum der Anwesenden Lola für 25 Cent Fragen zu ihrem Leben stellen.

Fließend gehen die Zirkusszenen immer wieder in Rückblenden über, in denen man Einblick in die Affären der Protagonistin unter anderem mit Franz Liszt, Ludwig I. von Bayern und einem Studenten, aber auch in ihre unglückliche frühe Ehe gewinnt.

Nicht chronologisch erzählt Ophüls dabei, sondern lässt locker Szenen aufeinander folgen und wechselt souverän zwischen der Nachstellung des Lebens im Zirkuszelt und Rückblenden. Meisterhaft nutzt er auch die Möglichkeiten des Cinemascope-Formats, wenn er das Bild immer wieder einengt oder weitet, sowie die Möglichkeiten des Farbfilms.

Virtuos spielt Ophüls mit allen Möglichkeiten des filmischen Erzählens, doch beim Publikum fiel dieser Film, der hinter der opulenten visuellen Oberfläche eine Abrechnung mit Sensationsgier des Publikums und der Ausbeutung von Stars bietet, völlig durch.
Mehrfach umgeschnitten und gekürzt wurde in der Folge dieses Meisterwerk, erst Ende der 1960er Jahre konnte eine Fassung rekonstruiert werden, die annähernd der Premierenfassung entspricht.

An Sprachversionen bietet die in der Edition Filmmuseum erschienene Doppel-DVD bei beiden Filmen jeweils die deutsche Originalfassung, zu der englische Untertitel zugeschaltet werden können. Reichhaltig sind wie gewohnt bei dieser Reihe die Extras. Neben einem sehr informativen 20-seitigen Booklet finden sich hier Martina Müllers 90-minütiger Porträtfilm "Max Ophüls – Den schönen guten Waren", eine halbstündige Dokumentation über die Versionen und Fassungen von "Lola Montez", ein 60-minütiges Hörspiel von Ophüls mit dem Titel "Gedanken über Film" sowie ein ROM-Bereich mit einer Fülle von Dokumenten zur Produktions- und Restaurierungsgeschichte der beiden Filme.

Trailer zu "Lola Montez"