Mathieu Mercier - everything but the kitchen sink

15. Februar 2015
13.12.2014 bis  22.02.2015
Bildteil

"Everything but the kitchen sink" - es ist kein Zufall, dass der französische Künstler Mathieu Mercier seiner Einzelausstellung einen englischen Titel verliehen hat: "Alles, außer der Küchenspüle" - oder die entsprechende deutsche Redewendung "Alles, was nicht niet- und nagelfest ist" - meint just all die Dinge, die im vertrauten Umfeld vorhanden sind und die man sich einfach so aneignen kann. Wenn diese offensichtliche Neugierde für das Alltägliche einer Haltung entspricht, so führt diese direkt ins Zentrum von Mathieu Merciers künstlerischen Fragestellungen.

Wie kein anderer Kunstschaffender seiner Generation lässt er sich unvoreingenommen mit unverstellter, nie jedoch naiver Neugierde auf die Welt der Dinge ein. Mit geradezu dadaistischer Lust entdeckt er Gegenstände im Alltag für sich, die bei genauerer Betrachtung höchst bemerkenswert erscheinen und im allzu Vertrauten die Faszination des Absurden oder Widersinnigen offenbaren. Sitzgelegenheiten, Tische, Lampen, Vogel käfige, Fahrräder, aber auch Designobjekte, Typografien, Ausstellungsvitrinen oder Museumssockel: Merciers künstlerisches Schaffen bewegt sich souverän zwischen den Kategorien von Kunst und Alltagskultur und reflektiert im Spannungsfeld von Design und bildender Kunst die Bedeutsamkeiten der westlichen Kultur des 20. Jahrhunderts.

Merciers Schaffen basiert auf der Feststellung des Künstlers, dass die Dinge, die er sich für seine Kunst nutzbar macht, bereits in unserer Welt existieren und im Grunde nur entdeckt werden müssen. Erst durch das Aufbrechen ihres angestammten Kontexts - ihre Verschiebung beispielsweise vom Supermarkt in die Kunsthalle - werden sie sich gewissermaßen selbst fremd und erlangen ihre Wertigkeit als Kunst. Mit dieser Strategie greift Mercier auf die epochale Geste Marcel Duchamps zurück, der 1917 ein Pissoir auf einem Museumssockel platziert und unter dem Titel "Fountain" präsentierte. Mit seinen Ready-mades löste er jene künstlerische Umwälzung aus, welche die Frage nach dem, was Kunst sein kann, radikal neu bestimmte.

Allein, Marcel Duchamps bahnbrechende Ansätze sind inzwischen Teil der Kulturgeschichte und haben ihren revolutionären Charakter längst eingebüßt. Die Generation von heute darf unangestrengt und durchaus verspielt mit diesem übermächtigen künstlerischen Erbe umgehen und in den Dingen selbst jene absurden und zuweilen gar gesellschaftlich abgründigen Momente freilegen, die sie im Grunde bereits im Alltag auszeichnen.

Mathieu Mercier inszeniert im Gegensatz zu Marcel Duchamp keinen Schock der Moderne. Er zielt nicht auf eine eindeutige Nobilitierung des Alltäglichen, vielmehr leistet er einer vielschichtigen Neutralisierung der Wertigkeiten Vorschub durch das Kombinieren von Dingen, seien es funktionierende Alltagsgegenstände oder nutzfreie Kunstwerke, in einem hybriden Dazwischen. So wird beides nicht mehr als miteinander konkurrierend wahrgenommen, sondern als sich wechselseitig kulturell bereichernd.


Mathieu Mercier - everything but the kitchen sink
13. Dezember 2014 bis 22. Februar 2015