Marzena Nowak in der Kremser Factory

Den Formen mentaler Wahrnehmung, wie sie aus Erinnerungs- und Traumbildern vertraut sind, wird in Marzena Nowaks (*1977) Kunst sinnliche Präsenz verliehen. Nowaks Skulpturen - Keksformen, Teller oder Bälle zitierend - gleichen verfremdeten Bruchstücken der Vergangenheit. Sie agieren als Stellvertreter emotional aufgeladener Erlebnismomente ihrer vom sozialistischen Alltag in Polen geprägten Kindheit.

In der Betrachtung evozieren sie Formen kindlichen Weltbezugs, der weniger vom Distanzsinn des Sehens, sondern den Rückbezug auf die Sinnlichkeit des eigenen Körpers geprägt ist. Vergegenwärtigt man sich deren ehemaligen Gebrauch entsteht eine "fühlbare" Beziehung zur eigenen Vergangenheit. Gleichzeitig betonen sie die Bedeutung, die der Körper in seiner Widersprüchlichkeit sowohl Teil der "äußeren" Welt, als auch Träger der subjektiven Innenwahrnehmung zu sein, in Marzena Nowaks Kunst einnimmt.

So präsentiert der Film "Untitled (eyes)", der auf die stark zusammengepressten Augen der Künstlerin fokussiert, die Oberfläche des Körpers als sensitiven Indikator für – unserem Blick verborgen bleibende – innere Prozesse. Diese werden einzig durch repetitive, mimische Bewegungen der Haut transportiert. Das Interesse dieses subtilen Spiels mit Oberflächen und Grenzen, durch das die Dualität von Innen und Außen eine ständige Umkehrung erfährt, gilt dabei dem "Nicht-Sichtbaren", dem in den Ausstellungen Nowaks in vielerlei Hinsicht "Raum" gegeben wird. So markieren zwei in abstrakte Formen geschnittene Teppichhälften jenen Zwischenraum, den sie über ihre ornamentale Struktur einfassen. Eine Soundinstallation, die in ständiger Wiederholung aneinandergereihte Pausenlaute hörbar macht, versetzt in die Schwellenbereiche des Denk- und Sprechakts.

Im Kontext künstlerischer Gedächtnisarbeit betonen diese fühlbar gemachten Absenzen, die Unausweichlichkeit des Vergessens. Gleichzeitig fordern sie dazu auf, jene Leerräume über die eigene Vorstellungskraft zu ergänzen. So wird in den durch Nowaks Kunst generierten, intimen Erinnerungsräumen die eigene Perzeption, Erinnerung und Imagination in ständige Interaktion versetzt. Gegen die ansteigende Virtualität der Lebenswelt, in der man als passiver Empfänger der umgebenden Bilderflut ausgeliefert ist, macht Marzena Nowaks Kunst die Betrachter selbst zu Akteuren.

Marzena Nowa
21. Oktober 2012 bis 10. Februar 2013